Ein Ansatz zur Behandlung von COVID-19 ist die Therapie mit rekonvaleszentem Plasma. Aber wirkt sie im Vergleich zu Standardtherapiemaßnahmen wirklich? Jetzt liegen Ergebnisse vor.
Um die Wirksamkeit des Rekonvaleszentenserums zu testen, führten Wissenschaftler eine offene, multizentrische, randomisierte klinische Studie an sieben medizinischen Zentren in Wuhan, China, durch. Diese Studie umfasste insgesamt 103 Teilnehmer mit laborbestätigten SARS-CoV-2-Infektionen. In die Studie wurden Patienten aufgenommen, die entweder als schwerwiegend erkrankt galten (Dyspnoe / Hypoxie) oder die lebensbedrohlich an COVID-19 erkrankt waren (Patienten mit Schock, Organversagen oder mit Notwendigkeit einer mechanischen Beatmung).
Im Rahmen der Studie wurden die Patienten in zwei Gruppen randomisiert, von denen eine Gruppe jeweils eine Standardbehandlung erhielt, die zweite Gruppe wurde zusätzlich zur Standardtherapie mit rekonvaleszentem Plasma behandelt. Stratifiziert wurde nach Schwere der Erkrankung.
Primärer Endpunkt der Studie war die Zeit bis zur klinischen Besserung innerhalb von 28 Tagen. Diese klinische Verbesserung wurde definiert als Patient, der lebend entlassen wurde oder eine Reduktion der Krankheitsschwere um zwei Punkte auf einer insgesamt sechs Punkte umfassenden Skala. Zu den sekundären Endpunkten zählten die 28 Tage Mortalität, die Zeit bis zur Entlassung sowie die Rate, in der sich die PCR-Ergebnisse innerhalb von 72 Stunden von einem positiven zu einem negativen Ergebnis wandelten.
Von den 103 in die Studie aufgenommen Patienten schlossen 101 die Studie ab. Es zeigte sich, dass bei Patienten mit schwerem oder lebensbedrohlichem COVID-19 die Gabe von rekonvaleszentem Plasma zusätzlich zur Standardtherapie zu keiner statistisch signifikanten Änderung der Zeit bis zu einer klinischen Besserung innerhalb von 28 führte. So trat in der gesamten Gruppe, die rekonvaleszentes Plasma erhalten hatte, innerhalb von 28 Tagen bei 51,9 Prozent der Patienten eine klinische Verbesserung ein, gegenüber 43,1 Prozent in der Kontrollgruppe.
Bei einer Subgruppenanalyse in der die schwer Erkrankten und die lebensbedrohlich erkrankten Patienten einzeln betrachtet wurden, zeichnete sich zwar ein potentieller klinischer Nutzen der Plasmatherapie für Patienten mit schwerem Verlauf ab, doch dieser war ebenfalls nicht statistisch signifikant.
Auch gab es keinen signifikanten Unterschied bei den sekundären Ergebnissen der 28-Tage-Mortalität oder der Zeit von der Randomisierung bis zur Entlassung. Allerdings merken die Autoren an, dass die Behandlung mit rekonvaleszentem Plasma in den meisten Fällen 14 Tage nach dem Auftreten erster Symptome begonnen wurde. Es sei also möglich, dass ein früherer Behandlungsbeginn zu besseren klinischen Ergebnissen geführt hätte.
Zudem war die Teilnehmerzahl der Studie klein. Sollte sie ursprünglich mit 200 Patienten durchgeführt werden, so war es den Wissenschaftlern aufgrund der abnehmenden Fallzahlen von COVID-19-Patienten in Wuhan nicht möglich, weitere Teilnehmer zu rekrutieren. Demnach sei es, nach Angaben der Wissenschaftler möglich, dass die Studie aufgrund des Designs nicht in der Lage war, einen klinischen Nutzen der Plasmatherapie zu erkennen.
Weitere Limitationen der Studie waren, dass diese offen durchgeführt wurde und klinische Managemententscheidungen das Ergebnis beeinflusst haben könnten. Des Weiteren war die Behandlung mit Standardtherapiemaßnahmen in beiden Patientengruppen erlaubt, wurde jedoch nicht protokolliert, was ebenfalls zu einer Beeinflussung des Ergebnisses geführt haben könnte. Und auch der relativ kurze Zeitrahmen könnte nicht ausreichend gewesen sein, um einen positiven Effekt der Plasmatherapie zu zeigen.
Insgesamt sollten die Ergebnisse der Studie, den Autoren zufolge, vorsichtig interpretiert werden. Denn auch die Behandlungspraktiken könnten nicht nur von Land zu Land, sondern auch von Klinik zu Klinik anders sein und somit zu anderen Ergebnissen führen. Deshalb bedarf es nach Meinung der Autoren weiterer Studien, um die Patientenauswahl und den Zeitpunkt der Plasmabehandlung zu optimieren, wobei ein standardisiertes Vorgehen besonders wichtig sei.
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Quelle: Ling Li et al. / JAMA NetworksBildquelle: Juan Encalada, unsplash