Mehr Beteiligung beim Medikationsmanagement, eigene IT-Infrastrukturen und Verbesserungen bei der Verordnung von Arzneimitteln oder Medizinprodukten – Delegierte haben beim Apothekertag viel zu tun. Was mit erfolgreichen Anträgen später passiert, bleibt im Dunkeln.
Die erste Hiobsbotschaft kam weit vor Eröffnung des Deutschen Apothekertags (DAT): Hermann Gröhe (CDU) wird kein Grußwort sprechen. Der Bundesgesundheitsminister schaffe es nicht, jedes Jahr den Apothekertag zu besuchen, hieß es zur Begründung vom Ministerium. Nur erstaunlich, dass Gröhe keinen Ärztetag auslässt. In Düsseldorf wird ihn Staatssekretär Lutz Stroppe vertreten. Überraschungen erwartet niemand – Ministerien und der Deutsche Apothekerverband streiten immer noch über Wirtschaftsdaten, um das erforderliche Fixum zu errechnen.
Bessere Honorare sind nicht die einzige Forderung an Politiker, Stichwort Medikationsmanagement. Mit sieben Anträgen machen Apotheker ihrem Unmut Luft. Sie sind per se davon überzeugt, Medikationspläne gingen in die richtige Richtung. Allerdings sollten Versicherte entscheiden, ob sie Leistungen beim Arzt oder Apotheker in Anspruch nehmen, heißt es im ABDA-Leitantrag. Vor Erstellung eines Medikationsplans seien Medikationsanalysen notwendig, um die Arzneimitteltherapiesicherheit zu verbessern. Informationen zu allen eingenommenen Präparaten lägen nur dem Apotheker vor, heißt es zur Begründung. Kollegen wollen mit weiteren Einzelanträgen erreichen, dass öffentliche Apotheken mit Einverständnis ihrer Patienten auf diagnostische Daten zugreifen, was bislang Ärzten vorbehalten ist. Der Deutsche Apothekerverband hatte auf entsprechende Berechtigungen verzichtet. Es geht aber auch um technische Aspekte: ABDA-Experten schlagen ein apothekeneigenes, sicheres IT-Netz vor, passend zu Anforderungen der gematik.
Von der Technik zum Arzneimittel: Sowohl die ABDA als auch die Landesapothekerkammer Hessen formulierten Anträge zu Medizinalhanf. Kollegen warnen, in der gesellschaftlichen Debatte würden Legalisierung und therapeutische Einsatzmöglichkeiten unglücklich verquickt. Gleichzeitig fehle eine klare Positionierung der Apothekerschaft zur Verschreibungs- und Erstattungsfähigkeit von Arzneimitteln auf Cannabis-Basis. Um zu klären, bei welchen Indikationen deren Anwendung sinnvoll ist, hoffen die Antragsteller auf eine Expertengruppe, wie sie Bundesärztekammer-Präsident Frank Ulrich Montgomery fordert. Kollegen warnen gleichzeitig vor heimischen Anzuchten. Cannabis müsse für medizinische Zwecke die notwendige pharmazeutische Qualität haben, heißt es weiter.
Nicht nur Cannabis-Präparate bereiten Apothekern Kopfzerbrechen. Gleich fünf DAT-Anträge befassen sich mit Hilfsmitteln. Der Berliner Apotheker-Verein kritisiert, es gebe mittlerweile ein massives Ungleichgewicht von Leistungserbringern zu Gunsten gesetzlicher Krankenkassen. Kollegen wollen erreichen, dass Ausschreibungen künftig verboten werden. Ansonsten sehen sie die wohnortnahe Versorgung inklusive Beratung gefährdet. Darüber hinaus seien Apotheker schon aufgrund ihres Berufes geeignet, entsprechende Aufgaben zu übernehmen – ohne zusätzliche Präqualifizierung.
Weitere Eingaben befassen sich mit formalen Fragen, die Apothekern seit Jahren den Arbeitsalltag erschweren. Beispielsweise sind Kassenrezepte einen Monat lang gültig, und bei Privatrezepten sind es drei Monate. BtM-Rezepte verfallen sieben Tagen nach Ausstellung, und T-Rezepte können nur sechs Tage nach ihrer Ausstellung eingelöst werden. Ähnliche Einschränkungen gelten für Isotretinoin-haltige Kapseln oder Tabletten. Für Kollegen und Patienten ist diese Unterscheidung schwer nachzuvollziehen. Deshalb empfiehlt die Landesapothekerkammer Brandenburg einheitlich sieben Tage. Als Ergänzung zum Thema bringt der Hessische Apothekerverband Wiederholungsrezepte ins Gespräch. Diese würden Ärzte entlasten und apothekerliche Kompetenzen stärken, heißt es im Dokument. Ihre Idee: ein neues Feld auf Muster-16-Vordrucken für Mediziner, um einzutragen, wie oft eine Verordnung beliefert werden darf.
Nicht nur bei diesem Thema wird es heiß hergehen – nach Hitzerekorden im letzten Sommer konzentrieren sich Pharmazeuten auf Lager- und Transportbedingungen. Die Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) fordert in § 4 Temperaturen von weniger als 25 Grad. Für Fahrer des Großhandels gilt eine EU-Richtlinie zur Guten Distributionspraxis von Humanarzneimitteln (GDP). Entsprechende Vorgaben sollen künftig auf Versandapotheken angewendet werden, schreibt die Apothekerkammer Nordrhein in einem Antrag. Bei Versendern endet die Verantwortung formal, sobald Logistik-Firmen deren Kartons abholen. Kollegen bewerten den Versand ohne Einhaltung von GDP-Guidelines als „Verstoß gegen die üblichen Grundsätze des Verbraucherschutzes“. Vom Gesetzgeber wünschen sie sich gleiche Rahmenbedingungen für Großhändler und Versender. Botenlieferungen einer Apotheke sollen von strengen Vorgaben jedoch ausgenommen bleiben.
Darüber hinaus darf ein Thema auf keinem Apothekertag fehlen: die Forderung nach mehr Transparenz beim Spitzenverband. Schon im letzten Jahr stellten Kollegen mehrere Anträge – jedoch ohne Erfolg. Dieses Mal gehen Hessens Apotheker in die Offensive. Sie wünschen sich, dass die ABDA ihre Strukturen offen auf der Website kommuniziert. Warum dies nicht längst geschehen ist, bleibt unklar – jedes Bundes- oder Landesministerium publiziert ein Organigramm. Bleibt noch zu klären, welches Schicksal Anträgen nach dem Apothekertag blüht. Hessen erneuert Thüringens Forderung nach einer zentralen Datenbank mit Informationen zum Bearbeitungsstatus. Der Antrag hatte keine Mehrheit errungen. Mit kontroversen Diskussionen ist auch in diesem Jahr zu rechnen.