Ein junger Mann stellt sich mit Bauchschmerzen und Krämpfen im Krankenhaus vor. Die Laborwerte liefern keinen Hinweis auf die Ursache. Was auffällt: Er ist sehr muskulös.
Ein 23-jähriger Mann stellt sich mit Bauchschmerzen und Krämpfen, die seit etwa zwei Tagen bestehen, im Krankenhaus vor. Die Laborwerte des Blutbildes liefern keinen Hinweis auf die Ursache, denn sie liegen alle im oberen Normalbereich. Woher kommen also die Schmerzen des jungen Mannes?
Die Ärzte lassen CT-Aufnahmen des Abdomens anfertigen. Schnell wird klar: Es besteht Handlungsbedarf. Denn die Aufnahmen zeigen eine Verdickung des Colons beginnend am Caecum, die mit einer Invagination des Colon ascendens endet. Ein Darmanteil ist also in den aboral folgenden Abschnitt eingestülpt und verursacht die Beschwerden des Mannes.
Doch wie ist es zu dieser Einstülpung gekommen? Insgesamt sind solche Invaginationen im Erwachsenenalter eher selten. Meist liegen dann Raumforderungen wie Tumoren, Darmduplikaturen oder Adhäsionen zu Grunde. Aber auf den CT-Aufnahmen suchen die Ärzte danach vergeblich. Keine mukosale Läsionen, Obstruktionen oder Massen sind sichtbar.
Nichtsdestotrotz führen sie umgehend eine Laparotomie durch, bei der sie eine rechtsseitige Hemikolektomie mit einer Ileotransversostomie durchführen. Das entnommene Gewebe lassen die behandelnden Ärzte anschließend histopathologisch untersuchen. Krebsartige oder entzündliche Befunde liegen nicht vor, allerdings zeigen sich deutliche Schleimhautnekrosen und Kongestionen der omentalen Gefäße. Aber woher?
Der Mann gibt an, kürzlich einen 12-Wochen-Zyklus intramuskulären Testosterons zum Muskelaufbau beendet zu haben. Nun nimmt er täglich Tamoxifen und Clomiphen.
Anabolika können durch verschiedene Mechanismen ischämische Ereignisse hervorrufen: Dazu zählen die Hyperviskosität aufgrund einer Polyzythämie, vermindertes Plasmavolumen sowie eine Potenzierung der Thrombozytenaggregation durch direkten Einfluss auf das Knochenmark. Zusätzlich begünstigt das Tamoxifen die Entwicklung thrombembolischer Ereignisse.
Im vorliegenden Fall kam es wahrscheinlich durch die Anabolikaeinnahme zu einer mesenterialen Ischämie mit einer Darmwandnekrose, welche die Darminvagination auslöste. Postoperativ kam es zu keinen Komplikationen, der Patient konnte zeitnah entlassen werden.
Text- und Bildquelle: Goyal et al. / Frontiers in Medical Case Reports
Bildquelle: Damir Spanic, unsplash