Letztens habe ich über „Kollegen“ geschrieben, die Kinder gegen Geld von der Impfpflicht befreien. Das Gleiche gibt es nun auch mit der Maskenpflicht. Mich macht das traurig.
Na prima, nachdem das ZDF-Magazin Frontal unlängst Fälle von Ärzten recherchiert hat, bei denen gegen Geldzahlung eine Befreiung von der Impfpflicht attestiert wurde (wohlgemerkt, ohne den Patienten/die Kinder zu sehen), wiederholt sich nun Ähnliches bei der Pflicht zum Tragen von Masken. Report von der ARD berichtet von einer Organisation namens „Ärzte für Aufklärung“ (sic!), die auf ihrer Homepage und in ihren Veröffentlichungen dazu aufrufen, doch bitteschön die Masken zu Hause zu lassen. Das bringe doch sowieso nichts und außerdem schränke es ja die Grundrechte ein. Das Übliche.
Aber dabei blieb es nicht: Die investigativen Journalisten haben mehrere Anfragen gestartet, um ein Attest zu erhalten, dass die (erfundenen) Patienten von der Maskenpflicht befreit. Manch ein Arzt hat reagiert und schrieb entsprechende Fake-Bescheinigungen, sogar gegen Zahlung von 50 Euro.
Es mag einige wenige Ausnahmen geben, in denen es einen guten Grund dafür gibt, dass ein Mensch keinen Mund-Nasen-Schutz tragen kann, primär vermutlich psychische Probleme. Es gibt Menschen, die traumatisiert sind und keine Bedeckung des Gesichtes ertragen können. Schon viel seltener ist das Behindern der Nasenatmung, z.B. bei Asthmatikern oder Herzkranken. Diese chronisch Kranken sollten jedoch sowieso Menschenansammlungen oder öffentliche Verkehrsmittel meiden, da hier per se die Ansteckungsgefahr durch fehlenden Abstand besonders hoch ist. Welchen Sinn macht es, mit einem Attest zu wedeln und sich dann dieser Gefahr auszusetzen?
Den obigen „Ärzten der Aufklärung“ geht es um etwas ganz anderes: Ähnlich wie mancher Wutbürger, der auf Anti-COVID-Maßnahmen-Demos marschiert, lehnen sie grundsätzlich die Einschränkungen im Land ab. Es werden – zumeist vermeintliche – Experten zitiert, denen zufolge die Einschränkungen medizinisch sinnlos seien. Maskentragen führe zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen, wie an anderer Stelle wird die CO2-Rückatmung bemüht, die zu Schwindel und Kreislaufprobleme führe. Jeder Chirurg im OP oder jeder Intensivpfleger schüttelt den Kopf.
Bei den genannten Unterstützergruppen finden sich dann so blumig klingende Organisationen wie „Mediziner und Wissenschaftler für Gesundheit, Freiheit und Demokratie e.V.“ und natürlich die „Ärzte für individuelle Impfentscheidung“. Vordergründig wird vermittelt, die Unterstützer seien vor allem Ärzte. Die hinterlegten Support-Listen führen aber vor allem Laien, Heilpraktikanten oder Yoga-Lehrer auf (übrigens mit Doppel- und Dreifacheintragungen).
Mich macht diese Einstellung sehr traurig: Als Mediziner sollten wir Vertrauen in wissenschaftliche Erkenntnisse haben, aktuell vor allem in die Virologie und Epidemiologie.
Die Corona-Feldforschung gibt den Maßnahmen schließlich recht: Wann immer Abstand, Hygiene und Maskenpflicht eingehalten wurden, gingen die Infektionszahlen zurück, sobald es zu einer Lockerung oder Missachtung kam, gab es erneute COVID-Ausbrüche.
Wir als Ärzte, denen das Wohl der Patienten anvertraut wird, müssen immer präventiv arbeiten. Eine wie auch immer politisch geprägte persönliche Meinung muss hintanstehen. Sie hat hier nichts zu suchen.
Viel ärger noch: Wir als Ärzte sind auch dem deutschen Rechtssystem verpflichtet. Maskenpflicht ist Maskenpflicht, eine Umgehung durch Gefälligkeitsatteste, zumal ohne Ansicht des Patienten, und dann auch noch mit Honorareinnahmen, ist nicht nur moralisch verwerflich, sondern kriminell.
Wie bei den „Anti-Impfattesten“ sind das Fälle für die zuständige Ärztekammer, womöglich sogar für den Staatsanwalt.
Bildquelle: Nathan Dumlao, Unsplash