Auf dem Arzneimittelmarkt kommt es zu Lieferengpässen, insbesondere bei bewährten Antibiotika wie Ampicillin. Ersatzpräparate begünstigen durch ihr Wirkspektrum mitunter die Resistenzbildung. Experten fordern frühzeitige Informationen und präventive Strategien bei Engpässen.
Die Ursachen für den Lieferengpass bei dem intravenösen Antibiotikum Ampicillin sowie dem Kombinationswirkstoff Ampicillin/Sulbactam sind vielfältig: die globale Ausrichtung des Arzneimittelmarktes, Produktionsverlagerung, Produktionsausfälle, Erkrankungsausbrüche, Ausschreibungen von Krankenkassen sowie fehlende Importgenehmigungen. Diese Knappheit betrifft die klinisch gleichwertigen, im Ausland häufiger verwendeten Alternativpräparate des Antibiotikums Amoxicillin und Amoxicillin/Clavulansäure. „Manche Klinikapotheken müssen vorhandene Reserven streng rationieren, während andere noch ausliefern, aber nur noch sehr kurze Zeit lieferfähig sind“, erläutert Dr. Matthias Fellhauer vom ADKA die aktuelle Lage. Ampicillin kommt nur bei ausgewählten Erkrankungen zum Einsatz. Doch die häufig verwendete Wirkstoffkombination Ampicillin/Sulbactam eignet sich für Haut- und Weichteilinfektionen, Wundinfektionen, bestimmte Formen der Lungenentzündung und Infektionen im Kopf- und Halsbereich. „Neben dem günstigen Wirkspektrum ist das Präparat vergleichsweise arm an Nebenwirkungen und gehört deshalb zu den häufig verordneten intravenösen Antibiotika im stationären Bereich“, erläutert Professor Dr. med. Gerd Fätkenheuer die Bedeutung des Medikaments. Die Substanzklasse der Aminopenicilline, wozu auch Ampicillin gehört, ist seitens der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als „dringend benötigter Wirkstoff“ in der höchsten Kategorie eingestuft und durch andere Präparate schwer zu ersetzen. „Oft müssen dann breiter wirksame Präparate eingesetzt werden. Hierdurch wird aber die Wahrscheinlichkeit einer Resistenzbildung der Bakterien gegen sogenannte Reserveantibiotika, also solche mit breitem Spektrum, erhöht“, so der Präsident der DGI. Alternativ könnten mehrere Wirkstoffe kombiniert werden, was die Verträglichkeit der Medikamente jedoch beeinträchtige. Viele Ärzte greifen ersatzweise auf Antibiotika der Gruppe der Cephalosporine zurück. Gerade diese Medikamente stehen aber im Verdacht, die Ausbreitung von multiresistenten Bakterien und Clostridium difficile, einem gefährlichen Durchfallerreger, zu fördern. Eine rationale Antibiotikaverschreibung und die Eindämmung resistenter Bakterien, wie sie Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe im „10-Punkte-Plan zur Bekämpfung resistenter Erreger“ fordert, drohen an dem Lieferengpass zu scheitern; darauf weisen DGI und ADKA gemeinsam hin. „In der Konsequenz entstehen Nachteile für den Patienten bis hin zur Gefährdung der Patientensicherheit“, warnt Fätkenheuer. Zudem ergeben sich für das Gesundheitssystem erhebliche Folgekosten: durch die aufwändige Suche nach Ersatz sowie durch die negativen Auswirkungen auf die Behandlung. Hersteller sind nicht verpflichtet, Versorgungsengpässe frühzeitig zu melden: Häufig werden die Krankenhausapothekerinnen und -apotheker sowie die behandelnden Ärzte erst informiert, wenn keine Ware mehr vorhanden ist.