PhiPs wünschen sich höhere Ausbildungsvergütungen und Großhändler geben Tarifsteigerungen eins zu eins an Apotheken weiter. Ohne höhere Honorare soll es auch keinen Tarifabschluss geben, stellt der Arbeitgeberverband klar. Jetzt ist die ABDA gefordert – und duckt sich weg.
Löhne und Gehälter sind zum zentralen Thema in öffentlichen Apotheken geworden. Alles begann mit dem gesetzlich festgelegten Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde. Schätzungen zufolge kamen auf Grossisten Mehrkosten in Höhe von 30 bis 40 Millionen Euro zu. Alliance Healthcare, Gehe oder Phoenix sehen Liefergebühren als einzigen Ausweg – und bitten Kollegen zur Kasse. Der zusätzliche Obolus bewegt sich zwischen 1,35 und 1,38 Euro pro Fahrt.
Das Thema Mindestlohn ist auch bei Pharmazeuten im Praktikum (PhiPs) aufgeschlagen. Sie müssen mindestens sechs Monate in öffentlichen Apotheken malochen – bei einer Aufwandsentschädigung von 750 beziehungsweise 880 Euro brutto pro Monat. Franziska Möllers, Präsidentin des Bundesverbands der Pharmaziestudierenden in Deutschland (BPhD), sagte, zufrieden sei man damit nicht. Mediziner erhalten im praktischen Jahr noch weniger Geld, haben aber Vorteile durch ihren Status als immatrikulierte Studenten – vom BAföG-Anspruch bis zum verbilligten Ticket für öffentliche Verkehrsmittel. Im pharmazeutischen Bereich schläft die Konkurrenz jedenfalls nicht. Auch ohne praktisches Jahr und ohne drittes Staatsexamen können Absolventen promovieren beziehungsweise zur Industrie wechseln – ihr Abschluss entspricht de facto einem Master. Wer über Nachwuchsmangel klagt, muss hier ansetzen.
ADEXA – Die Apothekengewerkschaft hat dieses Thema in laufende Tarifverhandlungen eingebracht. Partner ist der Arbeitgeberverband Deutscher Apotheken (ADA). Er vertritt Inhaber bundesweit mit Ausnahme Nordrheins und Sachsens. ADEXA geht es auch um steigende Beiträge für die tarifliche Altersvorsorge und um Qualifikationszulagen für Angestellte, die sich weitergebildet haben. Die Gewerkschaft fordert höhere Urlaubsansprüche beziehungsweise niedrigere Wochenarbeitszeiten. Das würde Arbeitgebern weniger „Schmerzen“ bereiten als eine lineare Gehaltserhöhung, erklärte die zweite ADEXA-Vorsitzende Tanja Kratt. „Selbstverständlich liegen dem ADA auch bereits Forderungen zur linearen Erhöhung der Gehälter vor.“ Prompt stellte sich der ADA quer. „Wir brauchen mehr Planungssicherheit, und unsere Mitarbeiter brauchen sie auch“, schrieb ADA-Chef Theo Hasse in einer Mitteilung. Zwar hatte der Gesundheitsdienstleister IMS Health bei Arzneimitteln und Diagnostika ein Plus von 6,3 Prozent im ersten Halbjahr errechnet. Umsatzzuwächse seien keinesfalls mit Gewinnzuwächsen gleichzusetzen, so Hasse weiter. Mit höheren Fixhonoraren rechnet der ADA-Chef nicht; von einer Vergütungsgerechtigkeit sei man weit entfernt. Bleiben noch Gebühren für Rezepturen und Dokumentationen als Möglichkeit, die Misere etwas zu verbessern. Zuletzt waren Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter sogar gemeinsam im Bundesministerium für Gesundheit – ein berufspolitisches Novum.
Eigentlich wäre dies nicht ihre Aufgabe – hier sollte der Deutsche Apothekerverband mit Rückendeckung der ABDA – Bundesvereinigung deutscher Apothekerverbände aktiv werden. Aus der Berliner Jägerstraße kommen einmal mehr überraschende Nachrichten. Nachdem Kassenabschläge per Gesetz bei 1,77 Euro festgesetzt worden waren, galten Fixhonorare als entscheidende Stellschraube. Schließlich sitzt man nur mit Politikern am Tisch, und nicht mit renitenten Kassenvertretern. Damit ist jetzt Schluss: Laut ABDA-Informationsblatt „Einblicke“ gäbe es Gründe, momentan kein höheres Fixum zu verlangen. Stein des Anstoßes ist Paragraph 78 Arzneimittelgesetz (AMG). Das Bundeswirtschafts- und Bundesgesundheitsministerium werden ermächtigt, Festzuschläge „entsprechend der Kostenentwicklung der Apotheken bei wirtschaftlicher Betriebsführung anzupassen“. Das funktioniert auch ohne Zustimmung von Ländervertretern – obwohl die ABDA in ihrer Veröffentlichung anderer Meinung ist. Ein weiterer Stolperstein: Ministerien und Apotheker diskutieren kontrovers über Rechenmethoden. Wie sich dieser gordische Knoten durchtrennen lässt, ist eine andere Frage. „Die ABDA lässt trotzdem nicht locker“, heißt es im Pamphlet. Bleiben noch höhere Pauschalen für Nacht- und Notdienst sowie gerechtere Gebühren für BtM beziehungsweise Rezepturen. Genau hier muss der Bundesrat aber – entgegen der ABDA-Argumentation – zustimmen.
Fritz Becker versuchte umgehend, Land zu gewinnen, distanzierte sich vom Infodienst „Einblicke“ aber nicht. Der DAV-Chef bewertet ein höheres Fixum nach wie vor als zentrale Aufgabe seines Verbands: „Wir haben unsere Position nicht geändert, nur die taktische Abfolge unserer Schritte.“ Er kritisiert die derzeitige Rechenmethodik als „überholt und leistungsfeindlich“. Seine Hoffnungen richten sich jetzt auf weitere Gespräche mit dem Wirtschaftsministerium. Bei Rezepturen und BtM-Gebühren seien die Gespräche schon „ziemlich weit“ – außer der Bundesrat zieht die Notbremse. Angestellten und Apothekenleitern bleibt einmal mehr, abzuwarten.