Mal eben den Facebook-Feed checken und auf Instagram ein Bild posten – Social Media gehören für viele zum Alltag. Vor allem Jugendliche sind auf den unzähligen Plattformen aktiv. Inzwischen gibt es Hinweise darauf, dass der übermäßige Konsum zu einem erhöhten Depressionsrisiko führt.
Weltweit erfreuen sich Social Media Plattformen steigender Popularität. Mehrere Studien befassen sich mit dem Suchtfaktor dieser Channels und mit assoziierten Depressionen. Trotz methodischer Einschränkungen - alle Studien zeigen nur Assoziationen auf - sollten Psychiater schon heute einen Blick auf das Online-Verhalten ihrer Patienten werfen.
Vor wenigen Tagen veröffentlichten die DAK, DAK-Gesundheit und das Deutsche Zentrum für Suchtfragen eine Studie zur Social-Media-Abhängigkeit bei 12- bis 17-Jährigen. Dazu haben Experten 1.001 Kinder und Jugendliche repräsentativ befragt. Erstmals wurde die Häufigkeit einer Social-Media-Abhängigkeit anhand der niederländischen Social Media Disorder Scale untersucht. Beantworten Probanden mindestens fünf von neun Fragen mit „ja“, liegt eine Social-Media-Abhängigkeit vor. Einige Beispiele: „Fanden Sie es schwierig, zeitweise nicht Ihre Social Media Channels zu checken?“, „Haben Sie erfolglos versucht, weniger Zeit mit Social Media zu verbringen?“, „Nutzen Sie Social Media, um sich von eigenen Problemen abzulenken?“ Dem Score zufolge waren 2,6 Prozent der Befragten süchtig nach Social Media – Mädchen mit 3,4 Prozent etwas häufiger als Jungen mit 1,9 Prozent. Auf alle 12- bis 17-Jährigen in Deutschland hochgerechnet entspricht das 100.000 Personen. „Je länger und häufiger die Kinder und Jugendlichen online sind, desto höher ist das Suchtrisiko“, erklärt Professor Dr. Rainer Thomasius. Er ist Ärztlicher Leiter des Deutschen Zentrums für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters am UKE. Thomasius ergänzt, bei Social-Media-Abhängigkeit sei das Risiko, an einer Depression zu erkranken, um den Faktor 4,6 höher als bei Gleichaltrigen ohne Sucht. „Über Ursache und Wirkung haben wir noch keine Erkenntnisse“, meint der Experte. Er ist sich sicher, dass sich beiden Faktoren verstärkten, so dass ernste gesundheitliche Gefahr drohte. Ältere Arbeiten bestätigen diese Sichtweise.
Liu yi Lin und Brian A. Primack, Forscher an der University of Pittsburgh School of Medicine vermuten, dass eine Assoziation mit Depressionen besteht. Basis ihrer Arbeit waren Daten von 1.787 US-amerikanischen Erwachsenen im Alter von 19 bis 32 Jahren. Bei allen Probanden fragten Lin und Primack ab, wieviel Zeit sie mit Facebook, YouTube, Twitter, Google Plus, Instagram, Snapchat, Reddit, Tumblr, Pinterest, Vine bzw. bei LinkedIn verbringen. Im Durchschnitt nutzten die Teilnehmer insgesamt 61 Minuten pro Tag ihre Social-Media-Accounts. Sie loggten sich dabei 30 Mal pro Woche ein. Um bestehende Depressionen zu erfassen, setzten Forscher Teile des Patient-Reported Outcomes Measurement Information System (PROMIS) ein. Mit diesem Tool werden Patient-Reported Outcomes (PROs), also Merkmale, die durch Patienten selbst berichtet werden, erfasst. Teilnehmer, die am häufigsten Social Media nutzen, hatten im Vergleich zur Gruppe mit seltener Anwendung ein signifikant höheres Depressionsrisiko. Der Faktor schwankte dabei zwischen 1,7 (auf Basis der verbrachten Zeit in Social Media) und 2,7 (auf Basis der Zahl an Logins). Effekte anderer Cofaktoren wie Alter, Geschlecht, Beziehungsstatus, Lebenssituation, Haushaltseinkommen und Bildungsniveau hatten Statistiker zuvor eliminiert.
In ihrer Arbeit stellen Lin und Primack mehrere Hypothesen auf, warum Social Media Depressionen auslösen:
Lin und Primack scheiben in ihrem Kommentar, dass weitere Forschung zum Thema dringend notwendig sei. Sie ermutigen Ärzte aber schon jetzt, im Zuge ihrer Diagnostik Patienten über deren Social-Media-Konsum zu befragen.