Zwar ist der Anteil der jungen Frauen, die mit der Anti-Baby-Pille verhüten, insgesamt zurückgegangen, doch noch immer werden gerade die risikoreicheren Präparate der neueren Generation oft verordnet. Der Trend in Zahlen.
Der Verordnungs-Anteil von oralen Kontrazeptiva mit einem höheren Risiko für Thrombosen und Embolien ist in den letzten Jahren gesunken. Doch nach wie vor erhalten mehr als die Hälfte der Frauen, die die Pille auf Kosten der gesetzlichen Krankenkassen verordnet bekommen, die risikoreicheren Präparate der neueren Generation. Das zeigt eine aktuelle Analyse der GKV-Verordnungsdaten, die im Wissenschaftlichen Institut der AOK (WIdO) vorliegen.
Insgesamt hat der Verordnungs-Anteil der kombinierten oralen Kontrazeptiva mit einem höheren Risiko im Laufe der letzten zehn Jahre deutlich abgenommen: Er sank von 72 Prozent im Jahr 2009 auf 54 Prozent im Jahr 2019. „Das ist insgesamt ein positiver Trend. Allerdings haben sich die Verordnungsanteile der risikoreicheren Präparate in den letzten beiden Jahren nicht mehr nennenswert verringert. Mehr als 50 Prozent der Frauen bekommen immer noch Wirkstoffe mit einem erhöhten oder unklaren Risiko für die Bildung von venösen Thromboembolien“, sagt Dr. Eike Eymers, Ärztin im Stab Medizin des AOK-Bundesverbandes.
Eine Zusatzauswertung nach Altersgruppen für das Jahr 2019 zeigt, dass in der Altersgruppe bis 20 Jahre 52 Prozent die risikoreicheren Wirkstoffe erhielten, während es in der Gruppe der Frauen über 20 Jahren 59 Prozent waren. „Offenbar setzen die Ärztinnen und Ärzte bei den jungen Erstanwenderinnen verstärkt auf Arzneimittel, deren niedrigeres Risiko aus Langzeitstudien bekannt ist“, so Eymers.
Eine Detailanalyse der verordneten Wirkstoffe in Bezug auf das Risiko für Thrombosen und Embolien zeigt, dass der Verordnungsanteil der risikoärmeren Pillen – insbesondere mit dem Gestagen Levonorgestrel – von rund 28 Prozent im Jahr 2009 auf rund 46 Prozent in 2019 gestiegen ist. Die Anteile der risikoreicheren Gestagene Chlormadinon, Drospirenon, Desogestrel und Gestoden sind dagegen stark zurückgegangen. Lagen sie 2009 noch bei rund 52 Prozent, so betrugen die Anteile zehn Jahre später rund 16 Prozent (2019). „Problematisch ist allerdings die Entwicklung beim Wirkstoff Dienogest, dessen Anteil an den Verordnungen im Zehn-Jahres-Zeitraum von 19 auf 37 Prozent stieg – und das, obwohl das Risiko dieses Wirkstoffes für das Auftreten venöser Thromboembolien lange unklar war und das BfArM daher von der Verordnung bei Risiko-Patientinnen abgeraten hat“, erklärt Eymers.
Seit 2018 gebe es einen Rote-Hand-Brief des BfArM, der ausdrücklich vor dem höheren Risiko bei der Verordnung von Dienogest warne. „Eine Metaanalyse von vier Beobachtungsstudien kam zu dem Ergebnis, dass Kombinationspräparate mit Dienogest und Ethinylestradiol ein 1,6-fach erhöhtes Risiko für venöse Thromboembolien im Vergleich zu risikoärmeren Kombinationspräparaten mit Levonorgestrel aufweisen.“
Insbesondere junge Frauen, die sich für die Verhütung mit der Pille entscheiden und das erste Mal ein orales Kontrazeptivum einnehmen, sollten sich von ihrem Arzt über die Risiken aufklären lassen. „Wichtig ist, dass sie auf typische Anzeichen einer Thrombose oder Embolie achten und umgehend einen Arzt oder eine Ärztin aufsuchen, wenn es dafür Anzeichen gibt“, so Eymers.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung der AOK.
Bildquelle: Sammie Vasquez, Unsplash