Es ist Zeit, dass sich das medizinische Personal genauso laut zu Wort meldet wie die Impfgegner! Noch sind sie eine kleine Minderheit, aber so laut in sämtlichen Medien und Foren vertreten, dass sie völlig überrepräsentiert werden. Der Otto Normalverbraucher oder Lieschen Müller haben selten die Möglichkeit und Zeit sich tiefgründig in die Materie einzulesen und sich allumfassend zu informieren. Hört man aber dem Zeitgeist zu könnte man meinen, dass es 50-50 steht: für oder gegen impfen. Da kann ich jeden besorgten Elternteil verstehen der verunsichert ist. Es ist Zeit, dass sich auch das medizinische Personal mit dem Thema in der gleichen Weise beschäftigt.
Impfen ist ein emotionales Thema geworden, aber über die Opfer des „nicht Impfens“ wird nicht berichtet. Gegen Masern sollte man frühstens mit 9 Monaten impfen, erkranken können die kleinen aber sofort nach der Geburt. Im schlimmsten Fall endet eine Maserninfektion tödlich oder mit bleibenden, teilweise gravierenden, neurologischen Schäden und einer lebenslangen Behinderung.
Ich kenne so ein Fall. Ein Mädchen, dass nie lernen durfte zu gehen, weil ein ungeimpftes Kind sie mit Masern beim Kinderarzt angesteckt hat, damals war sie 6 Monate alt. Ich weiß von Patienten die nach einer Maserninfektion ihr Leben lang heimbeatmet werden müssen. Alles Kinder die gesund zur Welt kamen aber denen die Möglichkeit genommen wurde ein normales Leben zu führen.
Das einzige was sie geschützt hätte wäre eine Herdenimmunität gewesen. Wir sind aber dabei diese in drastischen Schritten zu verlieren. Eine (Masern-)Impfpflicht ist hilfreich, aber so lange die Ängste der Impfgegner und „impfverunsicherten“ nicht ernst genommen und diskutiert werden, werden sich Menschen Wege suchen um diese Pflicht zu umgehen. Ein Skandalöses Beispiel wurde in der Frontal21 Reportage berichtet:
https://www.zdf.de/politik/frontal-21/frontal-21-vom-16-juni-2020-100.html
Da stellte Dr.med. Scheel Impfunfähigkeitssausweise nach einer Anfrage per E-Mail gegen ein Entgelt von, in Alufolie gewickelten (kein Witz), 10€ aus. Ohne ein einziges Mal das Kind gesehen zu haben. Leider konnte dem praktizieren Kinderarzt am 13.02.2020 die KV-Zulassung nicht entzogen werden.
Wenn es so einfach ist eine Impfpflicht zu umgehen kann eine Impfpflicht nicht der einzige Lösungsversuch sein. Wir Impfbefürworter müssen genauso laut werden! Es reicht nicht seine eigenen Kinder zu impfen und über die anderen den Kopf zu schütteln. Besonders das medizinische Personal muss Farbe bekennen. Es muss klar werden, dass die breite Mehrheit der Ärzte und Krankenschwester für Impfungen ist. Damit der Otto Normalverbraucher und Lieschen Müller sehen, dass es nicht 50-50 steht. Es geht um die Herdenimmunität, etwas das uns allen wichtig sein sollte. Nicht nur den Kinderärzten, sondern allen die ein Kind oder Enkelkind unter 9 Monaten haben oder haben werden. Die Impfrate geht uns alle was an.
Um ein paar grundlegende Sachen loszuwerden. Impfungen verursachen kein Autismus, das ist wissenschaftlich mehrfach und sehr gründlich an der berüchtigten MMR-Impfung (Mumps-Masern-Röteln) untersucht worden. Leider können die Wissenschaftler es nicht so deutlich in ihren Veröffentlichungen schreiben, weil das nicht eine solide wissenschaftliche Formulierung ist. Dort heißt es, dass zwischen Autismus und Impfungen kein Zusammenhang gefunden wurde oder das kein erhöhtes Risiko besteht, was aber das gleiche bedeutet. Nur ein Beispiel ist eine dänische Studie mit 657.461 Kinder die seit 1999 beobachtet wurden. Hier wurde nicht einmal in Hochrisikofamilien für Autismus ein Zusammenhang zwischen der MMR-Impfung gefunden.
https://www.acpjournals.org/doi/10.7326/M18-2101
Das ursprüngliche Paper, dass dieses Gerücht in die Welt setzte wurde offiziell zurückgezogen, was in der Welt der Wissenschaftler übersetzt werden kann in „unglaublich, dass das jemals veröffentlicht wurde“. Die Studie von dem berichtet wurde basierte auf 12 Kinder!!!
Dem Autor der ursprünglichen „Autismus-Studie“, Andrew Wakefield, ist der Doktortitel aberkannt und die Zulassung als Arzt entzogen worden, so unwissenschaftlich ist er vorgegangen. Der britische "General Medical Council" urteilte, dass Wakefield unethische Forschungsmethoden angewendet hat und seine Ergebnisse in unehrlicher und unverantwortlicher Weise dargestellt hat. Sogar 10 der 13 Autoren die an der ursprünglichen Arbeit beteiligt waren haben sich nach der Veröffentlichung von den Schlussfolgerungen distanziert. Leider vergessen das die Impfgegner häufig zu erwähnen und diese Tatsachen sind nicht allgemein bekannt. Dass Andrew Wakefield, seit 1997 Patentinhaber eines alternativen Masern-Impfstoffes, vielleicht am ehesten an seinen eigenen Geldbeutel interessiert war als er die Studie durchführte wird komplett verschwiegen.
Aber auch wenn Impfungen Autismus auslösen würden, würde ich mich immer für eine Impfung entscheiden und auch meine Kinder impfen lassen. Die Impfgegner führen die Diskussion meiner Meinung nach nicht richtig. Was nämlich vergessen wird ist, dass es nicht nur darum geht ob wir unsere Kinder hypothetisch vor Autismus schützen oder nicht, sondern auch darum ob sie Masern, Mumpf, Röteln oder Polio, oder welche Impfung auch immer weggelassen wird, bekommen oder nicht. Da ist mir die Gefahr zum Beispiel einer postinfektiösen Masernenzephalitis (ca. 1 von 1000) viel höher als der von Wakefield fälschlicherweise postulierte Autismus. Ironischerweise schützt die Herdenimmunität zurzeit auch die ungeimpften Kinder der Impfgegner. Sollten sie sich durchsetzen wird das nicht mehr der Fall sein.
Schätzungen ergaben, dass zwischen 2000 und 2017 weltweit rund 21 Millionen Todesfälle durch Impfungen gegen Masern verhindert werden konnten. Trotzdem stellen die Masern weiterhin global eine wesentliche Todesursache für Kinder dar. Trotz einer seit Jahrzehnten verfügbaren, sicheren und wirksamen Impfung starben im Jahr 2018 mehr als 140.000 Menschen aufgrund der Masern, insbesondere Kinder im Alter von bis zu 5 Jahren. In Europa erkrankten 2018 ca. 89.000 Menschen an Masern, über die Hälfte der Fälle (ca. 60%) wurden hospitalisiert, 74 Menschen verstarben. Die Masernfallzahl lag dreimal so hoch wie im Jahr 2017 und 15mal höher als im Jahr 2016. Im Jahr 2019 wurden sogar 103.000 Masernfälle aus Europa übermittelt.
https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_Masern.html
Es ist ein immer größer werdendes Problem und jeder von uns sollte sein Schweigen brechen. Das Thema ist emotional sehr aufgeladen und nüchterne Wiederholungen der wissenschaftlichen Gründe für Impfen sind nicht ausreichend. Die Gefühle der Menschen müssen ernst genommen werden, den verunsicherten Eltern muss auch emotional vermittelt werden, dass Impfen das Beste ist was sie für ihr Kind machen können. Wir müssen auch eine Diskussion über die Kosten des nicht Impfens führen. Damit die Herdenimmunität auch weiterhin die kleinesten von uns schützt, damit Hanna, Noah, Sofia, Ben und Paul eine Chance für ein unbekümmertes Leben haben.
Wem der aktuelle Bezug zu Corona gefehlt hat: die Bereitschaft sich gegen Corona impfen zu lassen sinkt in der deutschen Bevölkerung. Laut einer Umfrage sind nur 52% der Deutschen bereit sich impfen zu lassen sobald ein Impfstoff zugelassen ist.
https://www.pharmazeutische-zeitung.de/52-prozent-der-deutschen-wollen-sich-gegen-corona-impfen-lassen-119089/
Diese Zahlen stammen aus einer Zeit vor Sputnik V, ob die Bereitschaft sich impfen zu lassen weiter durch diesen mysteriösen Impfstoff sinken wird bleibt abzuwarten. Es geht nicht nur um eine Masernimpfung sondern generell um Impfungen.