Fast 5 Monate lagen zwischen den Infektionen mit SARS-CoV-2 bei einem Mann aus Hongkong. Er ist der erste Corona-Patient, bei dem eine echte Reinfektion bestätigt werden konnte. Was bedeutet das für eine Immunität?
Mehr als vier Monate nach einer ersten Infektion mit SARS-CoV-2 wurde nun eine zweite Infektion bei einem 33-jährigen Mann in Hongkong nachgewiesen. Bei seiner ersten Infektion, Ende März dieses Jahres, hatte der Mann nur milde Symptome gehabt. Am 14. April war dann auch ein zweiter Test negativ, und die Infektion offiziell überstanden – Antikörper ließen sich damals nicht nachweisen.
Bei der Rückker von einer Europa-Reise nach Großbritannien und Spanien im Sommer, ließ sich der Mann am Flughafen in Hongkong erneut testen und das Ergebnis war wieder positiv. Wie später im Labor bestätigt werden konnte, handelte es sich diesmal um einen anderen Virusstamm, der bekannterweise im Juli und August in Europa zirkulierte.
Die zweite Infektion verlief vollkommmen symptomlos. „Seine Immunantwort hat die Erkrankung wirkunsvoll abgemildert“, erklärt Akiko Iwasaki, Immunologin an der rennomierten Yale University der New York Times. „Diese Reinfektion veräuft eigentlich genau wie im Lehrbuch und zeigt, wie Immunität funktionieren sollte.“ Sie führt weiter aus: „Auch Personen ohne Symptome können jedoch das Virus an andere weitergeben“, und betont die Wichtigkeit einer Impfung. „Eine natürliche Infektion kann zwar vor einem zweiten schweren Verlauf der betroffenen Person schützen, nicht aber vor einer Infektion und damit auch Infektiosität für andere.“ Für eine erfolgreiche Herdenimmunität sei eine Impfung demnach unerlässlich.
Bisher wurde schon vereinzelt von Fällen einer Reinfektion berichtet, diese konnten bis zu diesem Fall jedoch nie mit wiederholten Tests nachgewiesen werden. Es ist bekannt, dass bei Betroffenen nach einer Infektion noch lange Virusfragmente nachgewiesen werden können, welche zu falsch positiven Testergebnissen führen können. Da die Wissenschaftler aus Hongkong jedoch bei diesem Patienten beide Male eine Virus-Sequenzierung vornahmen, konnten sie erhebliche Unterschiede zwischen den Virusstämmen und damit eine echte Reinfektion nachweisen. Kürzlich wurden außerdem noch zwei weitere Reinfektionen in Belgien und den Niederlanden bekannt. Auch hier konnten die Forscher anhand einer Gensequenzanalyse die erneute Infektion mit SARS-CoV-2 nachweisen, und ein Wiederaufflammen ausschließen.
Ihre Ergebnisse zum Patienten aus Hongkong planen die Wissenschaftler nun in der Zeitschrift Clinical Infectious Diseases zu veröffentlichen. Bisher gibt es kaum Daten dazu, wie eine echte Reinfektion tatsächlich ablaufen könnte. Die nun nachgewiesenen Fälle deuten darauf hin, dass eine erneute Infektion, wie bei herkömmlichen Erkältungs-Coronaviren, bereits nach einigen Monaten stattfinden kann. Dr. Iwasaki ist jedoch zuversichtlich. „Man sieht sehr schön, dass das Immunsystem tut, was es soll. Nach der ersten Infektion hatte der Patient aus Hongkong keine Antikörper gegen SARS-CoV-2 gebildet – wohl aber nach der zweiten. Auch bei zunächst fehlenden Antikörpern, können wir von einem immunologischen Gedächtnis in Form von B- und T-Zellen ausgehen.“
„Wir können hier jedoch noch keine generellen Aussagen treffen“, erklärt Dr. To, klinischer Mikrobiologe an der University of Hong Kong. Eine zweite Infektion könne bei manchen Menschen auch zu einer schwereren Erkrankung führen.
Durch das vermehrte Testen können aber hoffentlich bald mehr Daten zu Reinfektionen und ihrem Ablauf zusammengetragen werden. Denn anhand eines einzigen Falles kann nicht auf sämtliche Infektionen mit verschiedenen SARS-CoV-2-Stämmen geschlossen werden.
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