Die Herstellung eines Corona-Impfstoffs bedeutet den Tod von mehreren hunderttausend Haien. Das behauptet eine Tierschutzorganisation. Doch stimmt das wirklich?
Wie die Tagesschau berichtet, hat sich die Tierschutzorganisation Shark Allies an die Öffentlichkeit gewandt, da sie den Tod von 250.000 Haien befürchtet. Der Grund: Die Hauptquelle der Substanz Squalen, die neben ihrer Verwendung in Kosmetikartikeln und Nahrungsergänzungsmitteln auch für die Herstellung von Impfstoff-Adjuvantien benötigt wird, ist nämlich in der Leber verschiedener Haifischarten enthalten.
Laut ARD stammt vor allem das für pharmazeutische Zwecke benötigte, besonders reine Squalen aus dieser Quelle. Laut Shark Allies müsste also, wenn nach der erfolgreichen Entwicklung eines Impfstoffs gegen SARS-CoV-2 jeder Mensch auf der Erde eine Impfdosis erhalten solle, eine immense Zahl dieser Tiere sterben.
Der Pharmakonzern GlaxoSmithKline (GSK) kündigte an, bis zu einer Milliarde Dosen des Adjuvants System 03 (AS03) herstellen zu wollen. Dieses enthält unter anderem Squalen. Gegenüber der ARD widersprach der Konzern den Aussagen der Tierschützer und erklärte, dass für eine Milliarde Dosen deutlich weniger Squalen benötigt werde als von Shark Allies behauptet. Außerdem benötigten andere Industriezweige weitaus größere jährliche Mengen des Stoffes.
Tatsächlich gingen auch laut der Tiertschutzorganisation 90 Prozent des aus Haien gewonnenen Squalens in die Kosmetikindustrie. Dafür müssten etwa 2,7 Millionen Haie getötet werden. Auch Produkte auf Basis von Haifischleberöl, wie Nahrungsergänzungsmittel und alternative Naturmedizin, seien problematisch. Das größte Problem sei vor allem der teilweise illegal betriebene und artgefährdende Haifang für die Gewinnung von Haifischflossen, die im asiatischen Raum bereits lange als Delikatesse gelten.
Dr. Susanne Stöcker vom Paul-Ehrlich-Institut sagt hierzu, die von der Organisation genannten Zahlen seien „ausgesprochen übertrieben und unseriös. Von den Impfstoffkandidaten, die gerade in der Phase III sind, ist mir kein einziger bekannt, der Squalen benutzt“, wird die Pressesprecherin zitiert.
Nachtrag vom 08.10.20:
Einem Forscherteam aus Graz ist es nun erstmals gelungen, Squalen in größeren Mengen mithilfe von Mikroorganismen im Labor herzustellen. Zur Herstellung verwendeten die Forscher den Hefestamm Saccharomyces cerevisiae, besser bekannt als handelsübliche Bäckerhefe. „Nachdem dieser Hefestamm natürlicherweise bereits dieses Lipid produziert, konnten wir durch Metabolic Engineering bestimmte Stoffwechselwege so modulieren, dass die Hefezellen plötzlich ein Vielfaches an Squalen anreichern“, erklärt Studienleiter Harald Pichler vom Institut für Molekulare Biotechnologie der Technischen Universität Graz. Derzeit wird daran gearbeitet, die Stämme dahingehend zu optimieren, dass sie auch von der Industrie verwendet werden können. „Mit Industriebeteiligung könnte Squalen zukünftig in großem Maßstab produziert werden und daher pflanzliche und tierische Squalenquellen zur Gänze ersetzen“, so Pichler.
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