Das Toxin einer Injektionsmaschine im Genom des Krankheitserregers Yersinia ruckeri deaktiviert im Modellorganismus das Schalterprotein RhoA. Rho-Proteine sind am Fortschreiten und insbesondere an der Metastasierung von Tumoren beteiligt. Potenzial für neue Krebsmedikamente?
Krankheitserreger der Gattung Yersinia können beim Menschen die Beulenpest oder schwerwiegende Darmentzündungen hervorrufen. Die Arbeitsgruppe des Freiburger Pharmakologen Dr. Thomas Jank unter der Leitung von Prof. Dr. Dr. Klaus Aktories hat einen Erreger der Yersinien-Familie (Yersinia ruckeri) untersucht, der bei Forellen die Rotmaulseuche auslöst. Die Arbeitsgruppe identifizierte seinem Genom eine Toxin-Injektionsmaschine, deren Aufbau Viren ähnelt, die sonst Bakterien angreifen. Das Toxin Afp18 dieser Injektionsmaschine ist ein Enzym, das das Schalterprotein RhoA deaktiviert. RhoA ist in der Fischzelle sowie in menschlichen Zellen für zahlreiche lebensnotwendige Prozesse zuständig. Es kontrolliert zum Beispiel den Auf- und Abbau von Aktinfasern. In enger Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe des Freiburger Entwicklungsbiologen Prof. Dr. Wolfgang Driever haben die Forschenden das Toxin Afp18 in Zebrafischembryonen eingespritzt. Die Wissenschaftler stellten fest, dass infolgedessen die Zellteilung ausblieb und sich die Fischembryonen nicht weiterentwickelten. Das Toxin führt dazu, dass die Aktinfasern in den Fischzellen zusammenbrechen. Dabei heftet Afp18 ein Zuckermolekül, genauer gesagt N-Acetylglucosamin, an die Aminosäure Tyrosin von RhoA. Afp18 aus dem Erreger Yersinia ruckeri heftet ein Zuckermolekül an das Zellprotein RhoA und stört so die Aktinregulation der Zelle. Dies betrifft insbesondere die Zellteilung und Krebsmetastasierung. © Dr. Thomas Jank Diese Reaktion sei in der Natur höchst ungewöhnlich, sagen die Wissenschaftler. Das Team klärte diesen Mechanismus auf atomarer Ebene mittels Röntgenstrukturanalyse mit Unterstützung der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Daan van Aalten von der Universität Dundee in Schottland auf. Rho-Regulatorproteine sind am Fortschreiten und insbesondere an der Metastasierung von Krebs beteiligt. Die Forscher aus Freiburg sehen deshalb ein großes therapeutisches Potenzial des Fischtoxins in der Krebstherapie. Originalpublikation: Tyrosine glycosylation of Rho by Yersinia toxin impairs blastomere cell behaviour in zebrafish embryos Thomas Jank et al.; Nature Communications, doi: 10.1038/ncomms8807; 2015