Der Verzehr von Transfettsäuren erhöht das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Deshalb hat die FDA jüngst verkündet, dass ab 2018 teilgehärtete Fette in verarbeiteten Lebensmitteln verboten sein werden. Deutschland hält dagegen nicht einmal Grenzwerte für notwendig.
Am 16. Juni 2015 verkündete die Food and Drugs Administration (FDA), dass teilgehärtete Fette nicht mehr „allgemein als sicher anerkannt“ (Generally Recognized As Safe, GRAS) werden können. Der Grund: Teilgehärtete Fette sind die Hauptquelle für industriell erzeugte Transfettsäuren in verarbeiteten Lebensmitteln. Zahlreiche Studien haben zeigen können, dass der Verzehr dieser Transfettsäuren mit einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen einhergeht. Aufgrund dieser FDA-Einschätzung haben die Lebensmittelhersteller nun drei Jahre Zeit, um teilgehärtete Fette aus ihren Produkten für den US-amerikanischen Markt zu verbannen. „Wir erwarten, dass dieses Vorgehen die Zahl von KHK-Fällen reduzieren und jedes Jahr tausende tödlicher Herzinfarkte verhindern wird“, erklärt der beauftragte Kommissar der FDA, Dr. Stephen Ostroffhttp.
Transfettsäuren (Trans Fatty Acids, TFAs) haben in zahlreichen Studien und Meta-Analysen bewiesen, dass sie das Risiko für Dyslipoproteinämien erhöhen: TFAs steigern den LDL-Cholesterinspiegel und senken den HDL-Cholesterinspiegel, was zu einem ungünstigen Verhältnis von Gesamt- zu HDL-Cholesterin führt. Außerdem induzieren TFAs proinflammatorische Effekte und endotheliale Dysfunktion. Zusätzlich gibt es Hinweise darauf [Paywall], dass TFAs die Insulinsensitivität herabsetzen – dies gilt insbesondere für Personen, die eine Prädisposition für Insulinresistenz besitzen, also beispielsweise Übergewichtige. Es ist daher kein Wunder, dass eine positive Assoziation zwischen dem Konsum von TFAs und dem Auftreten von KHK-Ereignissen besteht: Der isokalorische Ersatz von 2 % der Nahrungsenergie durch TFAs lässt die Rate für Myokardinfarkte oder KHK-Tod um 23-29 % ansteigen. Diese Erkenntnis ist auch beim Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) angekommen: „Transfettsäuren erhöhen das Risiko zur Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen“, bestätigt Bernhard Kühnle, Leiter der Abteilung Ernährung, Lebensmittelsicherheit und Tiergesundheit des BMELV. Weniger bekannt ist hingegen, dass auch ein Zusammenhang zwischen TFAs und bestimmten Krebsarten, z. B. Non-Hodgkin Lymphom oder Hautkrebs, diskutiert wird.
Dass Transfettsäuren eine Gefahr für die öffentliche Gesundheit darstellen, scheint also unzweifelhaft, und so verwundert es auch nicht, dass nationale und internationale Institutionen empfehlen, dass TFAs maximal 1 % der Nahrungsenergie ausmachen sollen. Laut aktueller Empfehlung der AkdÄ zur kardiovaskulären Prävention sollen sogar nur 0,5 % der Nahrungsenergie aus Transfettsäuren stammen. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat dazu eine Risikoabschätzung durchgeführt, um zu ermitteln, ob diese Empfehlungen in Deutschland eingehalten werden. In seiner Stellungnahme vom 6. Juni 2013 kommt das BfR zwar zu dem Ergebnis, dass die Höhe der derzeitigen Transfettsäure-Aufnahme in Deutschland gesundheitlich unbedenklich ist. Ob die Daten, die dieser Aussage zugrunde liegen, tatsächlich eine so eindeutige Sprache sprechen, darf allerdings bezweifelt werden:
Zu den Lebensmittel, die besonders stark mit industriellen TFAs belastet sind, gehören Pizzen, frittierte Kartoffelgerichte, Chips, Margarine, Kekse, Kuchen und Blätterteigprodukte. Transfettsäuren entstehen aber nicht nur bei der industriellen Härtung und Desodorierung von ungesättigten Pflanzenölen, sondern auch beim Erhitzen und Braten von Ölen bei sehr hohen Temperaturen. Außerdem gibt es sogenannte ruminante Transfettsäuren (rTFAs), d. h. TFAs, die sich bei der bakteriellen Transformation von ungesättigten Fettsäuren im Pansen von Wiederkäuern bilden. Das BfR kam in seiner Abschätzung zu dem Ergebnis, dass Butter und tierische Fette sowie Milchprodukte wie Sahne und Käse etwa die Hälfte der verzehrten TFAs ausmachen. Dies steht allerdings im Widerspruch zu Expertenmeinungen der WHO, die davon ausgehen, dass der geschätzte tägliche Verzehr von rTFAs in den meisten Gesellschaften gering ist. Trotzdem stellt sich die Frage, ob sich das gesundheitsschädliche Potenzial der rTFAs von dem der industriell hergestellten TFAs (iTFAs) unterscheidet. Denkbar wäre es, da sich rTFAs und iTFAs hinsichtlich der spezifischen Zusammensetzung ihrer Fettsäuren unterscheiden. Obwohl für eine abschließende Beantwortung dieser Frage noch nicht genug Daten existieren, gibt es tatsächlich erste Hinweise darauf, dass rTFA-typische Fettsäuren wie Vaccensäure (18:1 trans-11) im Vergleich zu iTFAs wie Elaidinsäure (18:1 trans-9) weniger schädlich sind.
Das BfR kommt in seiner Stellungnahme zu dem Schluss, dass Qualitätssicherungsmaßnahmen der Hersteller der beste Weg sind, um die TFA-Aufnahme bei den Verbrauchern zu minimieren. Diese Einstellung kommt auch in einer gemeinsamen Initiative des Spitzenverbandes der deutschen Lebensmittelwirtschaft BLL und des BMELV zum Ausdruck: Die 2012 verabschiedete „Leitlinie zur Minimierung von Transfettsäuren in Lebensmitteln“ enthält Empfehlungen und praxisnahe Tipps, wie der Gehalt an TFAs in Lebensmitteln reduziert werden kann. Von verbindlichen Grenzwerten ist dort jedoch nirgends die Rede, so dass hierzulande lediglich die EU-Grenzwerte für TFAs in diätetischen Lebensmitteln wie Säuglingsnahrung verbindlich sind. Andere europäische Länder wie Dänemark, Island, Norwegen, Österreich und die Schweiz sind da schon deutlich weiter. Ein weiteres Problem besteht darin, dass nicht erkennbar ist, wie hoch der tatsächliche TFA-Gehalt eines Produkts ist. EU-weit muss lediglich gekennzeichnet werden, dass das Lebensmittel teilgehärtete Fette enthält – eine Aussage über den TFA-Gehalt ist damit aber nicht möglich. In den USA dagegen muss der TFA-Gehalt bereits seit 2006 deklariert werden.