Gelegentlich findet man in Kundenretouren von Alt-Medikamenten wirkliche Schätze. Neulich erreichte mich Marzine®. Na, klingelt es bei euch?
Marzine war ein Mittel gegen Übelkeit, das ich auch noch kenne. Es ging 2008 – damals habe ich angefangen zu bloggen – in der Schweiz außer Handel. Es enthält Cyclizin, ist ein altes Antihistaminikum (erste Klasse) und wirkt antiallergisch, antiemetisch (gegen Übelkeit) und beruhigend. Cyclizin gehörte zu den ersten Antihistaminika und wurde von der NASA beim Mondflug als Mittel gegen Übelkeit verwendet. Dabei macht es anscheinend weniger müde als andere Antihistaminika, weshalb es von der WHO 2011 auf die Liste der unentbehrlichen Medikamente für Kinder aufgenommen wurde. Dabei wurde die Wirkung gegen Übelkeit wie Seekrankheit und Erbrechen (man kann sich vorstellen, dass das speziell in einem Raumschiff eher ungeschickt ist), als „erwünschte Nebenwirkung“ eher zufällig entdeckt. Wen es interessiert: Hier gibt es ein Paper über die Entwicklung von Antiemetika.
Aber zurück zum Thema Mond! Auf alten Werbungen für das Mittel sieht man prominent erwähnt: „As chosen by Nasa for all the Apollo Space Missions“ und wie oben im Bild: „Marzine has gone to the Moon, Travel sickness hasn’t“.
Cool. Damit ist Marzine sozusagen das Mittel gegen Weltraumkrankheit (Space sickness). Das Apollo-Programm lief von 1961 bis 1975 und war das Raumfahrt-Projekt der USA, das (zum ersten und bisher einzigen Mal) Menschen auf den Mond brachte. Der erste Mensch auf dem Mond war 1969 Neil Armstrong (mit Buzz Aldrin und Michael Collins) mit der Apollo-11-Mission. Und der letzte Mensch, der einen Fuß auf den Mond setzte, war 1972 Harrison Schmitt im Rahmen der Apollo-17-Mission.
Harrison Schmitt war übrigens allergisch auf den Mond, genauer gesagt auf den Mondstaub. Er war Geologe und dafür veantwortlich, Gesteinsproben zu sammeln, dabei blieb unvermeidlich auch Staub an den Anzügen hängen. Im Inneren der Kapsel und nach Öffnen bekam Schmitt eine verstopfte Nase und belegte Stimme. Zum Glück nicht mehr als das, aber auf der Erde hatte einer der Leute, die die Anzüge handhabten, nach Kontakt mit dem Mondstaub eine heftigere Reaktion. Entweder war es wahnsinniges Pech, dass gleich zwei Leute so reagierten oder es sind vielleicht noch sehr viel mehr Menschen allergisch auf Mondstaub (oder etwas, das darin ist). Interessant wäre auch zu wissen, was genau die Allergie auslöst: Handelt es sich hier um eine Kreuzreaktion auf etwas anderes?
Für zukünftige Missionen empfahl Harrison Schmitt, möglichst keinen Kontakt mit Mondstaub zu haben – also die Anzüge und das Material abweisend zu gestalten. Als Apothekerin empfehle ich außerdem Antiallergika. Eigentlich können sie ja auch direkt wieder das Marzine nehmen, das wirkt als Antihistamin nicht nur gegen Übelkeit, sondern auch gegen Allergien.
Bildquelle: NASA, unsplash