Die Fakten müssen auf den Tisch: Das Präsidium der Bundesärztekammer (BÄK) stellt sich hinter die aktuellen Bund-Länder-Beschlüsse mit den bekannt alternativlosen ex post Alibi-Debatten in Bundestag und Länderparlamenten. Die BÄK sieht in den Bund-Länder-Beschlüssen eine 'wichtige Notbremse' in der aktuellen Corona-Situation und unterstützt damit n i c h t das Positionspapier der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV). BÄK-Vorsitzender Dr. med. Klaus Reinhardt hatte sich im ZDF bei Markus Lanz mit irritierend-verstörenden Masken-Aussagen blamierte und musste am Folgetag zurückrudern.Was hatte denn die KBV im Gefolge von Prof. Dr. med. Hendrik Streeck und Jonas Schmidt-Chanasit anzubieten? Das waren lediglich Variationen/kleine Mutationen der Bund-Länder-Beschlüsse, gepaart mit modifizierter Ablehnung von teilweise durchaus sinnvollen Lockdown-Teilmaßnahmen. Substanziell widersprüchlich, inhaltlich zu schwach begründet, gleichwohl aber von viel zu vielen Ärzteverbänden (für mich persönlich besonders ärgerlich: DEGAM und Hausärzteverband) vollkommen unkritisch unterstützt: Die eh schon überlasteten Gesundheitsämter sollten eine neue (?) Priorität auf Fälle mit Bezug zu medizinischen und pflegerischen Einrichtungen oder Veranstaltungen mit vielen Infizierten legen. Diese Risikogruppen-adaptierten Maßnahmen unterscheiden sich damit aber kaum noch von regierungsamtlichen Bund-Länder-Runden.Streeck/Schmidt-Chanasit und die KBV-Spitze sind auch nicht die alleinvertretenden, allwissenden Meinungsmacher und -führer in der internationalen CORONA-Debatte oder speziell in Infektionsepidemiologie und Sozialpsychologie. Sie bewirken mit ihrer Initiative, Reste von Konsens bei der Bekämpfung von SARS-CoV-2-Infektionen und COVID-19-Erkrankungen mutwillig zu zerstören.Nicht zuletzt deshalb haben sich, sehr nah am COVID-19-Erkrankungsgeschehen, der Berufsverband der Deutschen Anästhesisten (BDA) und die Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin vom KBV- Papier distanziert.
Aber auch die Bundeskanzlerin hat sich nach ihrer Bund-Länder-Konferenz am 28.10.2020 nicht gerade mit Ruhm bekleckert. "Wir wissen, was wir den Menschen zumuten", sprach Sie einfältig. Ein "hier stehen wir und können nicht anders" ist keine sozialpsychologisch angemessene Botschaft der Politik angesichts massiv steigender SARS-CoV-2-Infektionen und COVID-19-Erkrankungen.
Wie können Bundes- und Länder-Regierungen ohne parlamentarische Abstimmung und ohne empirische Fakten/Belege nach Gutsherrenart weite Bereiche des öffentlichen Lebens stilllegen?
Nur noch Angehörige von zwei Haushalten mit maximal zehn Personen sollen sich treffen. MitarbeiterInnen sollen Heimarbeit machen. Wie soll das gehen? Wer kontrolliert das?
Kosmetikstudios, Massagepraxen und Tattoostudios müssen im November schließen, Friseursalons bleiben geöffnet, ist unlogisch.
Schulen und Kindergärten bleiben geöffnet.
Einzelhandels-Geschäfte dürfen ohne den Hauch eines wissenschaftlichen Belegs nicht mehr als einen Kunden pro zehn Quadratmeter Verkaufsfläche einlassen. Warum nicht 8 oder 5 qm mit Mindestabstand ab 2,5 mal 2,5 Meter?
Gottesdienste bleiben erlaubt?
Für das Verbot für Veranstaltungen im Unterhaltungs- und Freizeitbereich mit Kinos, Theater und Freizeitparks, Amateursport, Fitnessstudios und Schwimmbädern hat selbst das Robert-Koch-Institut (RKI) nicht ansatzweise einen infektionsepidemiologischen Nachweis.
Warum dagegen Spiele im Profisport ohne Zuschauer stattfinden dürfen, bleibt schleierhaft?
Gipfel ist der Verzicht auf private Reisen, Tagesausflüge und Verwandtenbesuche. Hotels und Pensionen dürfen keine Touristen aufnehmen, Restaurants, Gaststätten, Bars und Kneipen müssen trotz funktionierender Hygienekonzepte geschlossen bleiben?
Das gipfelt darin, dass eine SPD-Ministerpräsidentin des Landes Mecklenburg-Vorpommern in schönster "DDR"- oder von mir aus auch "Reichsbürger"-Manier grundrechtswidrig die Gäste ultimativ auffordert, "ihr" Land zu verlassen. In anderen Ländern wäre das ein Rücktrittsgrund.
Die neuen Forderungen der Bundesregierung und der Länder sind erschreckend selbstherrlich, unbegründet und unverhältnismäßig autoritär. Die zu Grunde liegende Datenbasis ist extrem dürftig!
Das Robert-Koch-Institut (RKI) liefert eine verstörende Grafik nach der überwiegend das beengte Heim-, Wohn- und häusliche Milieu schicht- und herkunftsbedingt (Metropolen-Ballungsgebiete) wesentlich Pandemie verursachend und fördernd ist.
Irreführend ist z.B. die Unterscheidung zwischen Wohnstätten und Privaten Haushalten? Warum Flüchtlingsheime und Wohnheime getrennt? Med. Behandlungseinrichtung, Krankenhaus und Praxis spielen zusammen eine völlig untergeordnete Rolle im Corona-Krankheitsgeschehen! Warum Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte getrennt?
Und was sind bloß "Speisestätten"? Häuslicher Frühstücks-, Mittags- und Abendtisch? Mensa? Cafeteria? Kantine? Kaffekränzchen? Tageseinrichtungen für Kinder und Senioren? Imbissbude? Gaststätte? Hotel-Gastronomie? Sterne-Küche? Buffet im privaten Swingerclub? Erdnussflips in Nacht-, Nackt- oder Ski-Bars?
Während in den Kalenderwochen 14-17 extrem viele Pandemie-Fälle in Alten-, Pflege- und Flüchtlings-Heimen auftraten, tauchen Kategorien wie Hotel- und Gaststättengewerbe, Kino, Kultureinrichtungen und Schwimmbäder nie als Risiko-Hotspots auf.
Angesichts von Pandemie, Lockdown II, realen Bedrohungen durch SARS-CoV-2-Infektionen und COVID-19-Erkrankungen dann auch noch euphemistisch von "Nationaler Gesundheitslage" zu sprechen, ist dilettantisch. Die komplette Sprachlosigkeit der Regierenden bei möglichen ethnografisch-kulturell, schicht- und herkunftsbedingt begründeten Corona-Krankheitslagen spricht Bände.
Mit ihrer beschönigenden Gesundheits-Begrifflichkeit und den wahllos-willkürlichen, unbegründeten, unverhältnismäßigen und unlogischen Lockdown-Maßnahmen heizen Bundesregierung und Länder nur das an, was sie zu vermeiden vorgeben:
Den sozialpsychologisch massiver werdenden CORONA-Verdruss mit eskalierenden bio-psycho-sozial-medizinisch begründeten, gesellschaftspolitischen, juristischen, physisch-mentalen Auseinandersetzungen. Dabei ist es nicht 5 vor, sondern 5 Minuten nach Zwölf.