Wann ist die Ansteckungsgefahr durch SARS-CoV-2-Infizierte am höchsten? Eine Metaanalyse schafft jetzt Klarheit.
In den letzten Monaten sind zahlreiche Studien erschienen, in denen Wissenschaftler untersucht haben, wie lange SARS-CoV-2-infizierte Menschen infektiös sind. Jetzt ist in Lancet Microbe ein systematisches Review mit einer Metaanalyse erschienen, die einige wichtige Fragen zu dem Thema beantwortet.
Ein Team um Dr. Muge Cevik von der University of St. Andrews in Schottland sammelte in ihrer Analyse alle Studien zum Thema Virusauscheidung bei SARS-CoV-2. Da ein umfassendes Verständnis zur Dynamik der Viruslast und der Dauer der Virusausscheidung bei humanpathogenen Coronaviren fehlt, haben die Forscher zudem auch Studien über SARS-CoV und MERS-CoV analysiert.
Von 1.486 potentiell relevanten Papern blieben nach Qualitäts- und Bias-Risk-Prüfungen noch 79 Studien über SARS-CoV-2, acht über SARS-CoV und 11 über MERS-CoV übrig.
Bei den jeweiligen Probanden war die Infektion und Viruslast mittels PCR-Methode analysiert worden. Damit lässt sich indirekt auf die Infektiösität schließen und feststellen, wie lange ein Infizierter Virusmaterial ausscheidet.
Wichtig hierbei: Menschen können auch lange nach überstandener Infektion noch Viruspartikel ausscheiden, die aber nicht mehr infektiös sind. Deswegen testen Labore – meist im Rahmen von Studien, da die Methode sehr aufwändig ist – ob sich die Viren in Kulturen anzüchten lassen. Sind sie vermehrungsfähig, dann ist das ein Hinweis darauf, dass die ausgeschiedenen Viren potentiell andere Menschen infizieren können.
Die Analyse der SARS-CoV-2-Studien zeigt, dass Menschen zwar bis zu 83 Tage nach einer Infektion noch Virusmaterial ausscheiden können. Doch in keiner Studie waren vermehrungsfähige Viren noch 9 Tage nach Einsetzen erster Symptome aus Proben von Patienten im Labor anzüchtbar. Dies stimme laut der Autoren mit den derzeitig geltenden Isolationsempfehlungen von 10 Tagen überein. Dieser decke den Zeitraum der Infektiosität voraussichtlich ab.
Durchschnittlich war Virus-RNA in den oberen Atemwegen 17 Tage lang, in den unteren Atemwegen 14,6 Tage, im Stuhl 17,2 Tage lang und im Serum 16,6 Tage lang nachweisbar.
Auch wenn präsymptomatische Übertragungen bei SARS-COV-2 eine Rolle spielen, konnte das Team in ihrer Metanalyse keine Hinweise dafür finden, dass der Gipfel der Viruslast vor Einsetzen der Symptome erreicht ist. Die meisten Infizierten waren innerhalb von 5 Tagen nach Einsetzen der Symtpome am infektiösten – in dieser Zeitspanne ist die Virusmenge am höchsten.
Bei asymptomatischen SARS-CoV-2-Infizierten ist die Viruslast laut der Metaanalyse vergleichbar mit der von symptomatischen Patienten. Allerdings deuten einige Studien darauf hin, dass asymptomatische Personen das Virusmaterial schneller aus ihrem Körper entfernen und damit nicht so lang infektiös sind wie symptomatische Patienten. Dies decke sich auch mit den Beobachtungen von anderen viralen Infektionen.
Bei leichten symptomatischen Verläufen könnte man möglicherweise auf wiederholte PCR-Tests, um festzustellen, ob ein Patient noch infektiös ist, verzichten. Denn diese Tests könnten auch dann noch positiv ausfallen, wenn der Patient nicht mehr infektiös ist, so die Autoren.
Die schnelle Replikation in den oberen Atemwegen unterscheidet das neue Coronavirus von SARS-CoV und MERS-CoV und ist für seine schnelle Ausbreitung verantwortlich. Bei den beiden ersten Coronaviren liegt der Gipfel der Virussausscheidung zwischen 7 bis 10 Tagen (MERS-CoV) und 10 bis 14 Tagen (SARS-CoV). Zu diesem Zeitpunkt sind die Infizierten schon schwer erkrankt, was erklärt, warum sich SARS und MERS schneller eindämmen ließen. Asymptomatische und präsymptomatische Übertragung wie es bei SARS-CoV-2 der Fall ist, scheint nicht vorzukommen.
Bildquelle: Keegan Houser, unsplash