BARF, ein Ernährungstrend für Haustiere, spaltet Tierärzte und Halter. Viele schwören auf die Fütterung mit rohen Lebensmitteln. Nun gibt es neue Argumente gegen den Trend.
BARF steht wörtlich für biologisch artgerechte Rohfütterung („bones and raw foods“ oder „biologically appropriate raw foods“) und definiert einen Fütterungs-Trend in der Haustierhaltung. Die vom australischen Tierarzt Ian Billinghurst in den 90er-Jahren geprägte Fütterungsmethode besteht hauptsächlich aus rohem Fleisch und Innereien sowie Knochen und rohem Gemüse ohne Getreideanteile.
Anfangs noch zaghaft, können in der heutigen Zeit BARF-Produkte kommerziell in überschwänglichem Angebot erworben und dem eigenen Tier aufgetischt werden. Dass ein großer Anteil dieser Futterrationen hohe Keimbelastungen aufweist, ist jedoch den wenigsten Käufern bewusst.
Futter für Hunde und Katzen enthält einerseits genusstaugliche Teile von Schlachttieren (Muskulatur und Schlachtnebenprodukte, z. B. Innereien), andererseits auch tierische Nebenprodukte, die nicht zum Verzehr durch den Menschen bestimmt sind. Sowohl konservierte Fertigfuttermittel als auch Rohfutter setzen sich aus diesen beiden Bestandteilen zusammen.
Rohes Heimtierfutter unterliegt im EU-Recht zwar keinen mikrobiologischen Anforderungen (zum Zeitpunkt der Verwendung), jedoch sind während der Herstellung und Lagerung in Lebensmittelunternehmen verschiedene Anforderungen für eine Produktcharge einzuhalten.
Eine dieser Anforderungen besagt, dass in 5 Teilproben zu je 25 Gramm Salmonella spp. nicht nachweisbar sein darf. Zusätzlich darf der Gehalt an Enterobacteriaceae in keiner der fünf Proben den Grenzwert von 5.000 KbE/g überschreiten und muss in 3 von 5 Proben ≤ 10 KbE/g betragen (Verordnung (EG) Nr. 142/2011).
Ein Forscherteam rund um Prof. Peter Paulsen, Experte für Fleischhygiene an der Veterinärmedizinischen Universität Wien, hat im vergangenen Jahr 96 kommerziell erhältliche Hundefutterproben aus 20 verschiedenen Fachgeschäften im Wiener Handel erworben und auf die Keimbelastung untersucht. Die tiefgekühlten Futtermittel tierischer Herkunft (Rind) setzten sich aus verschiedenen Erzeugnissen zusammen: 41 Proben enthielten Kopffleisch, 19 Proben Kehl- und Halsfleisch und 39 Proben bestanden aus sonstiger (nicht näher definierter) Muskulatur.
Die erworbenen Produkte wurden unter sterilen Kautelen für die verschiedenen Nachweismethoden (Salmonella spp., Enterobacteriaceae, Escherichia coli, Pseudomonas spp., Milchsäurebakterien, Koagulase-negative Staphylokokken, Listeria spp., Campylobacter spp. u. ä.) beprobt und aufbereitet. Zusätzlich wurden pH- und Wasseraktivitäts-(aw)-Wert-Messungen durchgeführt.
In den 96 beprobten Rohfuttermitteln betrugt die aeropbe mesophile Keimzahl im Mittel 7,6 ± 1,1 log10 KbE/g. Pseudomonaden wurden in allen Proben im Mittel mit 7,0 ± 1,5 log10 KbE/g nachgewiesen, wobei die Erzeugnisgruppe „Kopffleisch“ die höchsten und die Gruppe „sonstige Muskulatur“ die niedrigsten Werte aufwies. Die mittleren Werte für Milchsäurebakterien, Staphylokokken, Enterobacteriaceae und E. coli betrugen: 5,7 ± 1,0 log10 KbE/g (Milchsäurebakterien); 4,0 ± 0,8 log10 KbE/g (Staphylokokken); 4,9 ± 1,1 log10 KbE/g (Enterobacteriaceae) bzw. 3,0 ± 1,3 log10 KbE/g (E. coli).
Tabelle zur Keimbelastung aus Paulsen et. al
Listera monocytogenes konnte in rund 10 % der Futtermittelproben (10/96), Salmonella spp. in rund 7 % des Rohfutters (7/96) nachgewiesen werden. Beim Salmonellennachweis handelte es sich um drei Salmonella-Tymphimurium-Isolate und je einem Isolat von Salmonella London, Salmonealle Senftenberg und Salmonella Coeln sowie einem monophasischem Salmonella-Isolat der Gruppe E1. Campylobacter spp. hingegen konnte in keiner der 96 Proben gefunden werden.
Der durchschnittliche pH-Wert der Proben lag bei 6,24 ± 0,29, wobei sich der mittlere aw-Wert bei 0,966 ± 0,006 einpendelte.
Der pH-Wert der Proben betrug durchschnittlich 6,24 ± 0,29, was deutlich über dem zu erwartenden pH-Wert von Rindfleisch liegt (5,4-5,8). Durch den erhöhten pH-Wert wird das Bakterienwachstum und somit auch der Verderb der Ware begünstigt. Umgekehrt kann der hohe pH-Wert auch als ein Indiz für die bereits stattgefundene Fäulnis angesehen werden. Da sich der aw-Wert des Fleisches zusätzlich im Mittel bei 0,966 ± 0,006 befand, ist davon auszugehen, dass sich die meisten darin befindlichen Bakterien ungehindert vermehren können (der aw-Optimalbereich für Bakterien liegt zwischen 0,9 und 1,0).
Die Gründe für die mangelnde mikrobiologische Qualität der Proben sind vielfältig. Die Ursache des Verderbs konnte aufgrund des Studienmodells nicht nachgewiesen werden. Die unbefriedigende Qualität könnte somit am Schlachthof, beim Transport der Fleischprodukte oder bei der Lagerung sowie Bearbeitung beim Tierfutterhersteller entstehen.
Die EU sieht für rohes Heimtierfutter nur Krieterien für Enterobacteriaceae und Salmonellen vor. Diese Anforderungen gelten zwar nur für die Herstellung und Lagerung vor dem Versand der Produkte, da aber alle Futtermittelproben tiefgekühlt angeboten wurden, sollten die Grenzwerte der Verordnung (EG) Nr. 142/2011 auch für die Beurteilung der Proben im Handel gelten. Demzufolge überschritten 7 der 96 Proben das Salmonellen-Kriterium sowie 82 der 96 Proben das Enterobacteriaceae-Kriterium.
Zur Rohfütterung erwerbbare Rindfleischprodukte können demnach pathogene Bakterien beherbergen, die sowohl ein Risiko für das Tier als auch für die Tierhalter sind. Hunde können bei einer Infektion zu sogenannten latenten Ausscheidern werden, was wiederum als Infektionsquelle für andere Tiere als auch für den Menschen angesehen werden muss.
Durch den zusätzlich hohen Keimgehalt entstehen auch direkte Gefahren für den Menschen, die durch die Aufbewahrung (z. B. im Kühlschrank) sowie Zubereitung der Futtermittel (z. B. auf Schneidbrettern oder in der Futterschüssel) entstehen. Daher muss der Lagerungshygiene, der Händehygiene sowie der Hygiene der Futterschüsseln besonderes Augenmerk geschenkt werden, um möglichen Erkrankungen – ausgehend von den Rohfuttermitteln – vorzubeugen.
Die betreffende Studie findet ihr im Text markiert und hier.
Bildquelle: Armando Ascorve Morales, unsplash