Die Wirkstoffe Chloroquin und Hydroxychloroquin können schwere psychiatrische Störungen auslösen, warnt die EMA. Sie wurden bei COVID-19-Patienten off-label eingesetzt. Jetzt sollen die Produktinformationen geändert werden.
Seit Längerem gibt es Hinweise auf psychiatrische Störungen in Zusammenhang mit den Wirkstoffen Chloroquin bzw. Hydroxychloroquin. Der Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) empfiehlt jetzt, die Produktinformationen für alle chloroquin- oder hydroxychloroquinhaltigen Arzneimittel zu aktualisieren. Der Grund: Eine Überprüfung aller verfügbaren Daten hat einen Zusammenhang zwischen der Verwendung dieser Arzneimittel und dem Risiko für psychiatrische Störungen und suizidales Verhalten bestätigt.
Die beiden Wirkstoffe sind als Malariamedikamente und zur Behandlung bestimmter Autoimmunerkrankungen wie Lupus erythematodes zugelassen. Zu Beginn der Pandemie wurden sie im Off-Label-Use bei Patienten mit Symptomen nach SARS-CoV-2-Infektionen eingesetzt. Beide Wirkstoffe konnten bisher keine positiven Effekte bei der Behandlung von COVID-19 zeigen.
Die psychiatrischen Störungen betreffen sowohl Patienten mit als auch ohne vorherige psychische Gesundheitsprobleme. Bei Hydroxychloroquin können die Nebenwirkungen im ersten Monat nach Beginn der Behandlung auftreten, so das Ergebnis der Überprüfung. Für Chloroquin lagen keine ausreichenden Daten vor, um einen klaren Zeitrahmen festzulegen.
Die Produktinformationen für diese Medikamente sollen jetzt aktualisiert werden, um Angehörige der Heilberufe und Patienten besser über die möglichen Risiken zu informieren.
Während der ersten Corona-Welle im Frühjahr wurde Hydroxychloroquin häufiger zur Behandlung von COVID-19 eingesetzt. Im Mai 2020 erhielt die EMA von der spanischen Arzneimittelagentur AEMPS Hinweise auf psychische Erkrankungen in Zusammenhang mit Hydroxychloroquin bei sechs COVID-19-Patienten. Sie hatten den Wirkstoff in höheren Dosen erhalten als empfohlen.
Die daraufhin eingeleitete Risikobewertung der PRAC bestätigt jetzt den Verdacht auf psychiatrische Komplikationen im Zusammenhang mit dem Medikament.
Es ist bereits bekannt, dass Chloroquin und Hydroxychloroquin, selbst für zugelassene Indikationen und in zugelassenen Dosen eingesetzt, ein breites Spektrum psychiatrischer Störungen verursachen können, berichtet das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Bislang werden psychotische Störungen und suizidales Verhalten in der Produktinformation einiger chloroquin- oder hydroxychloroquinhaltiger Arzneimittel als seltene Nebenwirkungen oder als Nebenwirkungen mit einer unbekannten Häufigkeit aufgeführt.
Das BfArM appeliert, dass Patienten, die chloroquin- oder hydroxychloroquinhaltige Arzneimittel einnehmen, sofort einen Arzt aufsuchen sollten, wenn sie psychische Gesundheitsprobleme wie Angst, Halluzinationen, Verwirrtheit oder Depressionen, einschließlich Selbstverletzungs- oder Selbsttötungsgedanken wahrnehmen oder andere Personen in ihrer Umgebung diese Nebenwirkungen bemerken.
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