Eine britische Studie zeigt: Mitarbeiter im Gesundheitswesen wie Ärzte, Pfleger und Rettungssanitäter haben ein siebenfach höheres Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf als andere Berufsgruppen.
Wer im Gesundheitswesen arbeitet, ist besonders gefährdet, einen schweren COVID-19-Verlauf zu erleiden. Zu diesem Ergebnis kommen Epidemiologen der Universität Glasgow in einer Studie. Demnach ist das Risiko für eine schwere COVID-19-Erkrankung für Ärzte, Pflegekräfte und Rettungssanitäter siebenmal höher als für Menschen in anderen Berufen. Die Zahlen beziehen sich auf Großbritannien.
Bereits im September meldete die WHO, dass sich Menschen in Gesundheitsberufen überproportional häufig mit dem Corona-Virus infizieren: 14 Prozent aller weltweit gemeldeten Corona-Infektionen entfallen auf diese Berufsgruppe. Die Zahlen der britischen Studie bestätigen jetzt diese Beobachtungen.
Die Studie umfasst Daten von etwa 120.000 Menschen im Alter zwischen 49 und 64 Jahren. Von ihnen übten 29 Prozent (über 35.000 Personen) einen sogenannten essenziellen Beruf aus, das heißt sie arbeiteten:
Die Daten stammen unter anderem aus der UK Biobank, die Datensätze von rund einer halben Million Menschen enthält, sowie britische Corona-Daten aus dem ersten Lockdown, der in Großbritannien von Mitte März bis Ende Juli dauerte. Verglichen wurden nur Zahlen von stationären COVID-19-Patienten und nicht die Zahl der gesamten Corona-Infektionen.
Von den etwa 120.000 Personen hatten 271 einen schweren COVID-19-Verlauf mit Klinikaufenthalt oder gar Todesfolge. Für folgende Berufsgruppen war das Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf im Vergleich zu Menschen, die nicht in essenziellen Berufen arbeiten, erhöht:
Die Untersuchung ergab, dass Angehörige des Gesundheitswesens (Ärzte, Apotheker, medizinisches Hilfspersonal, Pflegekräfte und Rettungssanitäter) zusammengenommen ein siebenmal höheres Risiko für eine schwere Erkrankung hatten als Personal in nicht-essenziellen Berufe. Bei Beschäftigten im Sozial- und Bildungswesen war die Wahrscheinlichkeit eines schweren COVID-19-Verlaufs um 84 Prozent höher.
Quelle: Occup Environ Med
Ausserdem konnten Unterschiede in Hinsicht auf die ethnische Zugehörigkeit beobachtet werden. Für Schwarze oder aus Asien stammende Menschen in nicht-essenziellen Berufen konnte ein dreimal höheres Risiko für eine schwere COVID-19-Erkrankung festgestellt werden als für weiße Menschen in den gleichen Berufsgruppen. Im Bereich essenzieller Berufe war das Risiko für die beiden Gruppen sogar achtmal höher.
Einschränkend muss man erwähnen, dass es sich um eine Beobachtungsstudie handelt, die keine Aussage zu den Ursachen der erfassten Zusammenhänge treffen kann. Dennoch unterstreicht die Studie die Wichtigkeit adäquater Gesundheits- und Sicherheitsmaßnahmen und der Bereitstellung persönlicher Schutzausrüstung für Menschen, die im Gesundheits- und Sozialbereich arbeiteten.
Für Deutschland lassen sich bislang keine genauen Zahlen für Corona-Erkrankungen in Gesundheitsberufen und insbesondere mit schwerer Symptomatik nennen. Es fehlt ein zentrales Melderegister dafür. In letzter Zeit beklagen aber auch hierzulande immer mehr Häuser erkranktes Personal, wie die Süddeutsche Zeitung berichtet.
„Aufgrund der hohen Infektionszahlen in der Gesamtbevölkerung infizieren sich natürlich auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unseres Klinikums mit dem Coronavirus“, heißt es zum Beispiel aus dem Klinikum Nürnberg. Ärzte und Pflegekräfte seien hier gleichermaßen betroffen.
Eine gute Nachricht ist zumindest, dass sich die Versorgung mit Schutzkleidung für medizinisches Personal in Deutschland offenbar verbessert hat im Vergleich zum Frühjahr, wie Mitgliederbefragungen des Marburger Bundes ergaben.
Allerdings konnte auch festgestellt werden, dass dem Personal im Dienst Zeit für regelmäßige Pausen fehlt: Für zwei Drittel der Befragten seien Pausen zur Zeit gar nicht mehr oder nicht ausreichend möglich. Das führt in Kombination zur wachsenden Personalnot zu erheblichem Stress, der sich während der Pandemie nachteilig auf den Gesundheitszustand des medizinischen Personals auswirkt.
Die britische Studie ist im Text verlinkt und unter diesem Link zu finden.
Bildquelle: Greg Rakozy, unsplash