Der Farbstoff Hämatoxylin wurde als neuartiger CALR-Inhibitor identifiziert. Experten sehen großes therapeutisches Potenzial in der Entdeckung.
Patienten mit Myeloproliferativen Neoplasien (MPN), einer Gruppe bösartiger Erkrankungen des Knochenmarks, weisen in vielen Fällen eine krebserregende, mutierte Form des Gens Calreticulin (CALR) auf. Wissenschaftler der Forschungsgruppe von Robert Kralovics, Adjunct Principal Investigator am CeMM Forschungszentrum für Molekulare Medizin der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und Forschungsgruppenleiter an der Medizinischen Universität Wien, konnten nun Hämatoxylin als einen neuartigen CALR-Inhibitor identifizieren.
Die Studie, die im Fachjournal Blood veröffentlicht wurde, zeigt, wie Hämatoxylin-Verbindungen auf eine bestimmte Domäne von CALR wirken und jene CALR-mutierten Zellen selektiv abtöten, die bei MPN-Patienten als Krankheitsverursacher identifiziert wurden. Die Entdeckung birgt großes therapeutisches Potenzial und gibt Hoffnung auf neue Behandlungswege.
Studienleiter Kralovics erklärt: „In unserer Studie haben wir versucht, kleine Moleküle zu identifizieren, die die Interaktion zwischen dem mutierten CALR und dem Rezeptor blockieren könnten.“ Dafür nutzten die Wissenschaftler sogenannte in-silico-Docking-Studien. „Darunter versteht man im Wesentlichen die computergestützte Simulation biochemischer Prozesse – virtuelle ‚Screenings‘, die immer genauer werdende Vorhersagen ermöglichen“, so Erstautor Ruochen Jia.
Die Ergebnisse zeigten eine Gruppe von Chemikalien als Bindemittel für eine bestimmte Domäne von CALR, die die mutierten CALR-Zellen selektiv abtöten. „Unsere Daten lassen den Schluss zu, dass kleine Moleküle, die auf die N-Glykan-Bindungsdomäne von CALR abzielen, CALR-mutierte Zellen selektiv töten können, indem sie die Interaktion zwischen CALR und dem Thrombopoietin-Rezeptor unterbrechen und die onkogene Signalübertragung hemmen“, so die Studienautoren. Dabei kristallisierte sich vor allem eine Hämatoxylin-Verbindung als besonders effizient heraus. Hämatoxylin kommt bis dato insbesondere bei histologischen Färbeverfahren zum Einsatz.
„Unsere Studie belegt das enorme therapeutische Potenzial einer CALR-Inhibitor-Therapie“, erklärt Kralovics, „Die Behandlung von Patientinnen und Patienten mit primärer Myelofibrose (PMF) erzielt nach wie vor schlechte klinische Ergebnisse. Sie haben die deutlichste Tendenz dazu, eine akute myeloische Leukämie zu entwickeln. Da etwa ein Drittel der PMF-Patienten eine CALR-Mutation aufweisen, könnten diese besonders von dem neuen Therapieansatz profitieren.“
Zur vollständigen Pressemitteilung des CeMM Forschungszentrums für Molekulare Medizin der Österreichischen Akademie der Wissenschaften kommt ihr hier. Die Studie haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Drew Beamer, Unsplash