Trotz unauffälliger Lungenfunktionstests leiden mehr Raucher an der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) als gedacht. Aktuelle Studiendaten verdeutlichen, dass das Lungengewebe bereits bei den ersten Symptomen starke, irreversible Schäden erleidet.
Deutlich mehr Raucher als bisher angenommen – rund 80 anstatt der mit gängigen Diagnosetests ermittelten ca. 50 Prozent – entwickeln eine chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD), die mit fortschreitenden Lungenschäden einhergeht. Häufig leidet die Lunge lange unbemerkt, Symptome wie Kurzatmigkeit oder morgendlicher Husten werden oftmals nicht ernst genommen.
Zur Diagnose einer COPD wird in der Regel die Spirometrie herangezogen. Dabei wird u. a. gemessen, wie viel Luft die Patienten einatmen und in einer Sekunde ausatmen können. Dass damit die Folgen langjährigen Rauchens auf die Lunge bisher gravierend unterschätzt wurden, hat nun eine neue Studie einer Lungenfachklinik belegt. Die internationalen Wissenschaftler um Dr. Elisabeth Regan vom National Jewish Health in Denver untersuchten 8.872 aktive und ehemalige Raucher im Alter zwischen 45 und 80 Jahren. Alle hatten mindestens zehn Jahre lang mindestens eine Packung Zigaretten pro Tag, die meisten deutlich mehr geraucht. Bei rund der Hälfte der Teilnehmer fanden sich beim Lungenfunktionstest keine Anzeichen einer COPD. Ihre Lungen wurden als gesund eingestuft.
Computertomographische Untersuchungen zeichneten allerdings ein anderes Bild: Bei 42 Prozent der zuvor als gesund eingestuften Teilnehmer zeigten CT-Untersuchungen Veränderungen der Atemwege oder Emphyseme. 23 Prozent litten unter Atemnot, 15 Prozent schafften beim Gehtest weniger als 350 Meter in sechs Minuten. In einem Fragebogen überschritt ein Viertel von ihnen einen Wert, der eine klinisch relevante Einschränkung der Lebensqualität markiert. Insgesamt war bei mehr als der Hälfte (55 Prozent) die Lungengesundheit in irgendeiner Form beeinträchtigt. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass dies frühe Anzeichen einer COPD sind.
Was das für die Lunge bedeutet, erklärt Lungenexperte Professor Dr. Felix Herth vom Universitätsklinikum Heidelberg: „Bei Einschränkungen im Lungenfunktionstest gehen wir davon aus, dass bereits ein Viertel des Lungengewebes zerstört ist. Bis dahin ist viel Raum für erhebliche Schäden, die Betroffene nicht bewusst wahrnehmen oder wahrnehmen wollen. Hier gilt es, durch entsprechende Beratung zu sensibilisieren.“ Außerdem sollte bei Rauchern die Therapie der COPD, z. B. in Form von Sprays zum Inhalieren, bei entsprechenden Beschwerden schon früher als bisher einsetzen, auch wenn der Lungenfunktionstest noch keinen Anlass zur Sorge gibt. „Voraussetzung ist allerdings, dass der Patient das Rauchen aufgibt, sonst hat die Behandlung ohnehin keinen Erfolg“, so der Lungenspezialist. Originalpublikation: Clinical and Radiologic Disease in Smokers With Normal Spirometry Elizabeth A. Regan et al.; JAMA Internal Medicine, doi:10.1001/jamainternmed.2015.2735; 2015