Seit November ist ein neuer Cholesterol-Senker in Deutschland auf dem Markt. Anders als Statine soll Bempedoinsäure keine Myalgien auslösen. Wie erfolgversprechend ist das Präparat?
In den westlichen Industrieländern weist mehr als jeder zweite über 40-Jährige zu hohe Cholesterinwerte auf. Gegen Diabetes und Hypertonie existieren Dutzende Therapieoptionen. Zur oralen Behandlung von Hypercholesterinämie kamen bisher eigentlich nur nur Statine ggf. in Kombination mit Ezetimib in Frage. Nun erweitert seit November eine neue Substanz das Spektrum: Bempedoinsäure.
Der Cholesterolsenker (Handelsname Nilemdo®) mit einem neuartigen Wirkmechanismus ist seit zwei Monaten in Deutschland auf dem Markt. Er ist als Monopräparat und als Kombinationspräparat mit Ezetimib erhältlich. Anders als bei der Behandlung mit Statinen soll es hier nicht zu muskelbezogenen Nebenwirkungen kommen.
Bempedoinsäure als neue Option
Statine hemmen die hepatische Bildung von Cholesterin. Die Substanzen sind wirksam und den Leitlinien entsprechend Mittel der ersten Wahl. Zu den Nachteilen der Behandlung mit Statinen gehören neben Muskelschmerzen unter anderem auch zahlreiche Arzneimittel-Interaktionen.
Die Wirkung der Statine lässt sich mit Ezetimib unterstützen, das die Resorption von Cholesterin aus dem Darm mindert.
Bempedoinsäure wurde im Studienprogramm CLEAR, das aus vier randomisierten Phase-III-Studien besteht, untersucht. Das Programm umfasste 3.623. Patienten. Um 21–28 Prozent sank der LDL-Wert, wenn die Bempedoinsäure mit niedrig dosierten Statinen oder in Monotherapie gegeben wurde.
Bempedoinsäure darf, sowohl als Monopräparat als auch in Kombination mit Ezetimib, bei Erwachsenen mit primärer Hypercholesterinämie oder gemischter Dyslipidämie zum Einsatz kommen. Außerdem ist auch jeweils noch eine Kombination mit einem Statin möglich.
Bempedoinsäure hemmt die ATP-Citrat-Lyase (ACL). Dieses Enzym ist in die Cholesterinsynthese eingebunden. Vergleichbar mit der Blockade der HMG-CoA-Reduktase durch Statine kommt es durch die ACL-Hemmung zur verringerten intrazellulären Cholesterin-Bildung. Außerdem kommt es zu einer Upregulation der LDL-Rezeptoren. Die Folge ist eine vermehrte Aufnahme von LDL und eine Senkung des Cholesterinspiegels.
Ein großer Vorteil von Bempedoinsäure: ACL kommt nicht in Muskelzellen vor, deshalb treten keine Myalgien wie bei Statinen auf.
Frei von unerwünschten Wirkungen ist die Substanz dennoch nicht. Sie hemmt den renalen OAT2-Transporter und kann somit den Harnsäurewert erhöhen. Für Patienten mit Gicht ist Bempedoinsäure deshalb nicht sinnvoll.
In der CLEAR-Harmony-Studie von Ray et al. wurden 2.230 Patienten mit hohem kardiovaskulärem Risiko und LDL-Cholesterin-Ausgangswerten über 70 mg/dl mit einer hoch dosierten Statintherapie untersucht. Sie erhielten 52 Wochen lang zusätzlich zum Statin entweder 180 mg Bempedoinsäure oder Placebo.
Zu Studienbeginn lag der LDL-Cholesterinwert im Durchschnitt bei 103,2 mg/dl. In der mit Bempedoinsäure behandelten Gruppe sank das LDL-Cholesterin bis Woche 12 um 16,5 Prozent, in der Placebogruppe um 1,6 Prozent. Nach 24 Wochen waren die LDL-Cholesterin-Werte in der Bempedoinsäure-Gruppe im Vergleich zu den Ausgangswerten um 14,9 Prozent geringer, unter Placebo um 1,2 Prozent.
Welchen Stellenwert genau Bempedoinsäure beim Hypercholesterinämie-Management haben wird, muss sich in den nächsten Jahren erst zeigen. Eine große Endpunktstudie, die belegen würde, dass die Zusatztherapie kardiovaskuläre Ereignisse signifikant und relevant reduziert, gibt es bisher noch nicht. Immerhin: Im CLEAR-Studienprogramm finden sich erste Hinweise auf eine Verringerung kardialer Ereignisse. Und atheroskleroserelevante Begleitfaktoren wie das hsCRP wurden ebenfalls günstig beeinflusst.
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