Ein Pharmareferent wollte zu Weihnachten seine 84-jährige Mutter besuchen. Vorher ließ er sich noch in der Apotheke testen – und war positiv. Eine Apothekerin erklärt im Interview, wie die Apotheke vor Ort bei der Corona-Eindämmung hilft.
Seit dem 2. Dezember ist es unter bestimmten Voraussetzungen auch in den Apotheken erlaubt, Antigen-Schnelltests bei den Kunden durchzuführen. Was das für Voraussetzungen sind und für welche Apotheken es in Frage kommt, diese neue Dienstleistung anzubieten, darüber sprach ich mit Frau Margit Schlenk.
Sie ist Apothekeninhaberin und unter anderem auch Referentin und Schulungsleiterin bei Semedi, einem Anbieter für medizinische Seminare, für genau dieses Thema.
Eva Bahn: Frau Schlenk, Sie haben seit dem 21. Dezember etwa 600 Apotheker und PTA in die Durchführung der PCR-Tests eingewiesen. Werden jetzt alle Apotheken, die etsprechend geschulte Mitarbeiter haben, mit dem Testen anfangen? Und wäre es sinnvoll diese Tests jetzt überall anzubieten?
Margit Schlenk: Nein, das sicherlich nicht. Ich weise in meinem Seminar auch ganz deutlich darauf hin, dass die räumlichen Voraussetzungen in jedem Fall erfüllt sein müssen, um die Testungen für Personal und Testpersonen sicher durchführen zu können. Doch wer diese Voraussetzungen erfüllt und die Sicherheit gewährleisten kann, der sollte das auch tun – und das so schnell wie möglich. PoC-Antigentests können in den Apotheken patientennah und deutlich schneller als die PCR-Tests, in 15-30 Minuten, durchgeführt werden.
Sie spielen immer dann eine wichtige Rolle, wenn ein schnelles Ergebnis wichtig ist und die Kontagiosität von Personen zeitnah eingeschätzt werden muss. Wer asymptomatisch positiv getestet wird hat eine hohe Viruslast und kann sich gezielt isolieren. Es dient also der Detektion der sogenannten „Superspreader“.
Haben Sie bereits einen solchen „Superspreader“ bei sich getestet?
Ja, tatsächlich hatten wir einen Pharmareferenten bei uns in der Apotheke, der sich vorsorglich vor dem Besuch bei seiner 84-jährigen Mutter vor Weihnachten testen lassen wollte. Er wurde positiv getestet und hat sich sofort in die Isolation begeben. Ein nachfolgender PCR-Test beim Arzt ergab ein positives Ergebnis.
Hätte er ohne Testung weiter verschiedene Apotheken aufgesucht, sich normal bewegt und hätte er seine Mutter tatsächlich besucht – das hätte schlimme Folgen haben können. Von 200 Tests, die in meiner Apotheke durchgeführt wurden, war er bislang der einzige positive Fall.
Welche Voraussetzungen muss eine Apotheke erfüllen, in der PoC-Antigentests auf SARS-CoV-2 durchgeführt werden sollen?
Zunächst einmal benötigt man einen geeigneten Raum mit einem Testplatz. Dieser Raum sollte geheizt und gut zu lüften sein und idealerweise zwei Zugänge haben.
Dann muss das testende pharmazeutische Personal eine Schulung zur Durchführung erhalten haben – beispielsweise eine Schulung über ein Webinar. Diese Person sollte außerdem selbst alle nötigen Impfungen wie beispielsweise die Hepatitis-Impfung erhalten haben.
Es ist sinnvoll, Termine zu vergeben, um Testungen zu bündeln. Das reduziert den Materialienverbrauch, denn für jeden Test sollte das testende Personal optimal geschützt sein. Das beinhaltet eine FFP3-Maske, eine Schutzbrille plus Gesichtsvisier, einen dicht schließenden Einmalkittel plus Hose und Überzieher für die Schuhe und natürlich Nitrilhandschuhe. Selbst wenn man selbst keine Latexallergie hat, die zu testende Person hat vielleicht eine.
Wer darf denn die PoC-Antigentests auf SARS-CoV-2 in der Apotheke durchführen? Nur ein Apotheker?
Nein, das darf auch die PTA. Erlaubt ist es grundsätzlich eingewiesenem pharmazeutischen Personal mit Sachkunde. Diese erwirbt man durch ein Seminar, durch eine Einweisung von einem Arzt oder durch andere bereits eingewiesene Fachkräfte.
Welche PoC-Antigentests auf SARS-CoV-2 können eingesetzt werden? Welche sind besonders sicher?
Man findet auf der Seite des BfArM einige gelistete PoC-Antigentests auf SARS-CoV-2. Wobei alleine die Tatsache, dass die Tests auf dieser Liste auftauchen, noch nichts über ihre Qualität aussagt. Man muss sich die Werte nach Sensitivität und Spezifität genau ansehen. Für mich persönlich kommt hier nichts in Frage, was unter 93 % liegt.
Was sagen sie dem Personal, das Angst hat, durch die Testungen würden viele corona-positive Menschen in die Apotheke kommen?
Ich sage, dass die Apotheke ohnehin ein Anlaufpunkt für erkrankte Menschen ist – sei es jetzt eine Erkältung, eine Grippe oder eben Corona. Das Personal muss sich in seinem Apothekenalltag schützen und ist mit potenziell übertragbaren Krankheiten konfrontiert.
In den Apotheken dürfen außerdem ausschließlich asymptomatische Personen getestet werden, das müssen sie immer bedenken. Wer Fieber hat oder hustet, der darf nicht getestet werden. Also ist die Gefährdung des Personals – das ja außerdem durch die Schutzausrüstung gesichert ist – nicht höher als sonst auch.
Wie groß ist der bürokratische Aufwand?
Es sind schon ein paar Dinge, die ausgefüllt und dokumentiert werden müssen – das Apothekenpersonal kennt das aber von anderen Vorgängen. Zunächst muss die Sachkunde erlangt werden, es muss ein Hygieneplan erstellt werden, außerdem Betriebsanweisungen, Gefährdungsbeurteilungen und Unterweisungen.
Der Patient selbst muss zwingend eine Einverständniserklärung zur Durchführung des Tests und zur Erhebung, Speicherung und Weitergabe der personenbezogenen Daten ausfüllen. Dann gibt es natürlich noch abschließend die Mitteilung über das Ergebnis, ob positiv oder negativ. Sollte jemand positiv getestet werden, muss das zuständige Gesundheitsamt informiert werden und zwar von der Apotheke und vom Patienten.
Was raten Sie Apothekenpersonal, das sich noch unsicher ist?
Traut euch! Die Handgriffe sind schnell zu erlernen und den professionellen Umgang mit Patienten, Tests und Dokumentation kennt ihr aus dem Apothekenalltag.
Wir sollten zeigen, was wir können und dass die Apotheke vor Ort so essenziell wichtig ist für die Gesundheit der Bevölkerung, dass sie durch Online-Apotheken nicht zu ersetzen ist.
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