Ein junger Radprofi wird bei voller Belastung immer wieder von Schmerzen in der linken Oberschenkelmuskulatur geplagt. Die Ärzte diagnostizieren eine ungewöhnliche Berufskrankheit.
Ein 22-jähriger Mann wird von seinem Hausarzt wegen einer Claudicatio des linken Beines, die bei maximaler Belastung der linken Oberschenkelmuskulatur auftritt, in eine gefäßchirurgische Ambulanz überwiesen. Seine medizinische Vorgeschichte ist unauffällig – kein Trauma, keine chirurgischen Eingriffe.
Zuvor wurden bereits eine Duplexsonografie sowie eine CT-Angiographie durchgeführt. Letztere zeigt eine Stenose und einen Knick in der proximalen Hälfte der Arteria iliaca externa, hervorgerufen durch eine endofibrotische Plaqueablagerung. Poststenotisch imponiert das Gefäß dezent dilatiert.
Doch woher kommt diese Gefäßverengung? Hellhörig werden die Ärzte beim Beruf des jungen Mannes, denn er ist professioneller Radsportler. Mehr als 25.000 km legt er im Jahr auf dem Fahrrad zurück. Doch wie hängen diese beiden Dinge nun zusammen? Die Ärzte diagnostizieren eine sogenannte Radfahrer-Endofibrose. Die Pathophysiologie ist nicht eindeutig geklärt. Histologisch handelt es sich um eine asymmetrische Intimaverdickung mit normal erscheinendem Endothel. Gelegentlich ist eine Neointima zu sehen.
Als Ursache werden u. a. die aerodynamische Haltung und die wiederholte Beugung der Gliedmaßen während des Trainings diskutiert. Dadurch kommt es zu einer wiederholte Dehnung und einer Verlängerung der Arterie, was zu einem Abknicken führen könnte. Darüber hinaus können der erhöhte Blutfluss und die Scherkräfte, die bei intensivem Training auftreten, Stressverletzungen an der Arterienwand verursachen.
Dem jungen Patienten werden vier Vorschläge zur Behandlung unterbreitet: Erstens auf den Sport zu verzichten, was der Patient sofort ablehnt. Zweites eine operative Endofibrosektomie, bei der die linke Arteria iliaca externa etwas verkürzt wird. Drittens eine Ballonangioplastie und Stent-Implantation. Viertens eine Ballonangioplastie unter Verwendung eines Medikamenten-freisetzenden Ballonkatheters. Der Patient entscheidet sich nach Abwägung der Vor- und Nachteile für die zuletzt genannte Behandlungsmöglichkeit.
Einen Monat nach dem Eingriff ist der Patient symptomfrei und wieder auf seinem vorherigen Leistungsniveau angekommen. Auch an mehreren Rennen hat er bereits erfolgreich teilgenommen. Sechs Monate später erscheint er jedoch wieder im Krankenhaus – die Symptome sind zurückgekehrt.
Text- und Bildquelle: Zugail et al. / Case Reports in Vascular Medicine
Bildquelle: Tony Pham, Unsplash