„Verkaufen Sie mir irgendwas! Ich will heute Abend noch zu Freunden und das geht nicht, wenn ich mich schlecht fühle.“ Bei der Kundin deutet alles auf Corona hin. Ich bin kurz vorm Verzweifeln. Was würdet ihr tun?
Ich verliere selten die Beherrschung in der Apotheke, aber kürzlich hat es eine Kundin doch geschafft. Ich fühlte mich schon beinahe wie bei Versteckte Kamera oder zumindest in einem Planspiel der Kammer zur Überprüfung der Beratungsqualität. Aber es war wohl doch eine Szene, wie sie das Leben selbst schreibt.
Eine Dame mittleren Alters betrat die Apotheke und räusperte sich bereits beim Eintreten mehrfach. Ich fragte nach ihren Wünschen.
„Ich habe so einen trockenen Husten. Der ist sehr unangenehm. Und Fieber, ein wenig Durchfall und Halsschmerzen habe ich auch.“
„Wie steht es mit dem Geschmackssinn?“
„Gut, dass Sie fragen! Seit gestern schmecke ich praktisch gar nichts mehr. Können Sie mir da etwas verkaufen?“
„Vor allem möchte ich Sie bitten, bei Ihrem Arzt oder der Nummer 116 117 anzurufen, um einen Termin für einen Coronatest zu vereinbaren.“
„Ach was Corona. Ich hab kein Corona. Verkaufen Sie mir halt irgendwas! Ich will heute Abend noch zu Freunden gehen und das geht nicht, wenn ich mich so schlecht fühle.“
„Dass Sie keine Coronainfektion haben, können Sie erst wissen, wenn Sie einen negativen PCR-Test in den Händen halten. So lange Sie außerdem mit diesen Symptomen überall herumlaufen, könnten Sie andere Menschen anstecken, die die Infektion vielleicht nicht so gut wegstecken wie Sie. Bleiben Sie zu Hause bis Sie einen Termin haben.“
„Ich hab keine Lust, mir jetzt irgendwo einen Arzt zu suchen, der testet. Ich kenne da keinen.“
„Ich kenne eine Praxis hier um die Ecke. Ich schreibe Ihnen gerne die Adresse und Telefonnummer auf.“
„Was ist das denn hier? Ich habe gedacht, ich bin in einer Apotheke! Sie müssen mir doch helfen!“
„Nur wenn meine Hilfe nicht bedeutet, dass Sie dann erst recht unter Menschen gehen und sie infizieren!“
„Ich. Hab. Kein. CORONA!“
„Das. Können. Sie. NICHT. Wissen!“
„Das ist mir jetzt zu blöd hier.“
Sprachs, ging ihrer Wege und ließ mich „mit Puls“ in der Apotheke stehen. Da rettet mich auch keine visualisierte liegende Acht vor der Wut über so viel Unverständnis (eine Methode, bei der man angeblich schneller wieder runterkommt, wie mir in einem Seminar zum Umgang mit schwierigen Kunden einmal nahegelegt wurde).
Mir ist klar, dass ich niemanden dazu zwingen kann, sich mit solchen Symptomen zu einem Arzt zu begeben um einen Test durchführen zu lassen. Ich habe trotzdem darüber nachgedacht, ob ich daran schuld bin, dass das Gespräch von Beginn an in eine falsche Richtung gelaufen ist und ob ich die Kundin durch eine andere Formulierung des Problems vielleicht doch noch dazu hätte bewegen können.
Ab wann ist das Gespräch eigentlich gekippt, und was könnte ich bei einem möglichen nächsten Mal besser machen? Wie könnte ich vielleicht doch noch zu meinem Gegenüber durchdringen?
Hattet ihr auch schon mit solchen Personen zu tun? Wie hätte ich besser kommunizieren können? Ich bin gespannt auf eure Kommentare.
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