Wieso fällt es Jugendlichen schwer, unmittelbaren Verlockungen zu widerstehen und was spielt sich dabei im Gehirn ab? Durch eine fehlende Verbindung zwischen dem dorsolateralen präfrontalen Kortex und dem Striatum können sie zukünftige Belohnungen nicht einschätzen.
Stellt man Jugendliche vor die Entscheidung, jetzt eine kleine Belohnung zu bekommen oder später eine größere, wählen sie meist die direkte, wenn auch kleinere Belohnung. Denn sie können Vorteile, die in der Zukunft liegen, nur schwer bei Entscheidungen berücksichtigen. Sie handeln deshalb eher ungeduldig und tendieren dazu, sich für direkte Belohnungen zu entscheiden als Zukunftsziele zu verfolgen.
In einer aktuellen Studie fanden Wissenschaftler der Stanford University, des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung und der University of California heraus, dass die Ungeduld von Jugendlichen sowohl mit einer Veränderung von Gehirnstrukturen als auch deren Funktionen einhergeht. Für die Studie ließen die Forscher 50 Probanden im Alter zwischen 8 und 25 Jahren eine Entscheidungsaufgabe lösen. Dabei mussten sie sich entscheiden, ob sie schnell einen kleineren Geldbetrag erhalten oder aber auf einen größeren Betrag länger warten wollten. Während der Entscheidungsaufgabe wurden die Aktivität der bei Entscheidungen aktiven Hirnregionen sowie deren strukturelle Verbindungen untereinander im MRT gemessen.
Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass es den Jugendlichen schwer fiel, auf den größeren Betrag zu warten. Den Grund lieferten die Bilder aus dem MRT. Die beiden Bereiche, die bei Entscheidungen aktiv werden, sind bei Jugendlichen noch nicht so stark miteinander verbunden, wie es bei Erwachsenen der Fall ist. Dabei handelt es sich um den dorsolateralen präfrontalen Kortex – der unter anderem aktiv wird, wenn es um Zukunftsplanungen geht – und das Striatum, das Teil des Belohnungssystems ist. Aufgrund der schwächeren Verbindung zwischen den Bereichen ist der Einfluss des dorsolateralen präfrontalen Kortex auf das Belohnungssystem in der Jugend eher gering. Somit sind größere Belohnungen, die in der Zukunft liegen, für Jugendliche weniger attraktiv.
„Es ist nicht so, dass Jugendliche keine Zukunftspläne haben, aber sie sind bei Entscheidungen einfach mehr im Hier und Jetzt. Die Jugend ist eine Trainingszeit für das Gehirn. Es fällt ihnen zwar schwerer, sich gegen Kurzzeitbelohnungen zu entscheiden, aber es ist machbar“, sagt Erstautor der Studie Wouter van den Bos, Wissenschaftlicher Mitarbeiter des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung. Mit zunehmendem Alter wird die Verbindung zwischen den Gehirnbereichen jedoch stärker, wodurch auch die Zukunftsziele bei unseren Entscheidungen wichtiger werden. Jugendliche lernen somit erst im Laufe der Zeit, ihre Geduld besser zu kontrollieren und vorausschauender in die Zukunft zu blicken. „Trotzdem sollte man Jugendlichen die Entscheidungen nicht komplett abnehmen, denn das Gehirn lernt von den Fehlern. Man kann die Jugendlichen aber immer wieder an ihre Zukunftsziele erinnern“, so van den Bos. In weiteren Studien wollen die Wissenschaftler herausfinden, inwieweit die soziale Umgebung auf die Entscheidungen von Jugendlichen Einfluss hat. Originalpublikation: Adolescent impatience decreases with increased frontostriatal connectivity Wouter van den Bos et al.; PNAS, doi: 10.1073/pnas.1423095112; 2015