In Deutschland gab es einen Todesfall aufgrund einer Reinfektion mit SARS-CoV-2. Könnte die Südafrika-Variante dahinter stecken? Wir haben nachgehakt.
Reinfektionen mit SARS-CoV-2 scheinen laut aktuellem Kenntnisstand nur selten aufzutreten (wir berichteten), sind aber möglich. Nun kam es in Deutschland zum ersten Todesfall nach einer Reinfektion.
Folgendes ist über den Fall bekannt: Es handelt sich um einen 73-jährigen, der an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung litt. Zum ersten Mal hatte sich der Mann aus Baden-Württemberg im April 2020 mit dem Coronavirus infiziert. Die Erkrankung hatte der Patient damals erfolgreich überstanden. „Die Probe der Erstinfektion existiere nicht mehr“, schreibt die Süddeutsche Zeitung. Nach einer langen symptomfreien Phase kam es laut Dr. Christiane Wagner-Wiening im Dezember zu einer erneuten Infektion mit dem Virus. Sie ist Leiterin der Infektionsüberwachung beim Landesgesundheitsamt in Stuttgart.
Auch die Frau des Mannes sei beim zweiten Mal infiziert gewesen. In den Proben des 73-Jährigen habe man viel Virus-Erbgut festgestellt. Wie das Regierungspräsidium Stuttgart bestätigte, starb der Patient am 11. Januar „an einer COVID-19-Lungenentzündung mit Sepsis und Multiorganversagen“.
Hier stellt sich nun eine wesentliche Frage: Welche Virus-Variante steckte hinter der Reinfektion? Besonders interessant ist die Frage, ob es sich um die südafrikanische Variante handeln könnte. Die wurde in Baden-Württemberg bereits nachgewiesen, und sie gilt in Südafrika (wie berichtet) als mittlerweile recht häufige Ursache für Reinfektionen.
Von einer Sequenzierung sieht man bei dem 73-jährigen Mann allerdings ab: Es gebe keinen epidemiologischen Hinweis auf das Vorliegen einer Mutante bzw. darauf, dass der Mann mit ihr in Berührung gekommen sei. „Nur bei den Fällen, bei denen eine Reiseverbindung nach Großbritannien, Südafrika oder Irland besteht, würden wir dem Gesundheitsamt Bescheid geben, eine Sequenzierung zu veranlassen“, wird Wagner-Wiening im SZ-Beitrag zitiert.
Fakt ist aber auch: Wenn eine Sequenzierung ausbleibt, lässt sich nicht gänzlich ausschließen, dass es sich um eine neue Variante handelte. Bei dem konkreten Patienten scheint es aber tatsächlich weitgehend sicher zu sein, dass es sich nicht um die Südafrika-Variante handelt: „Bei der ebenfalls im Januar erkrankten Ehefrau wurde eine Abstrich-Probe an das Konsiliarlabor für Coronaviren an der Charité zur Untersuchung auf die Markermutation N501Y und delH69/V70 weitergeleitet. Die untersuchte Probe zeigte keine dieser Markermutationen. Das nachgewiesene SARS-CoV-2 gehört daher mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht zu den Viruslinien B1.1.7 oder B1.351. Somit ist davon auszugehen, dass auch beim verstorbenen Ehemann keine Varianteninfektion mit den Viruslinien B1.1.7 oder B1.351 vorlag“, teilte uns Stefanie Paprotka, Pressesprecherin des Regierungspräsidiums Stuttgart, auf Anfrage mit.
Derzeit gibt es unterschiedliche Herangehensweisen, was das Sequenzieren betrifft. Um einen besseren Überblick über kursierende Mutationen zu bekommen, fördert die Bundesregierung seit kurzem die Sequenzierung von Coronaviren (wir berichteten). Je nach Inzidenz sollen Deutschlands Labore künftig dazu verpflichtet werden, fünf oder zehn Prozent aller PCR-positiven SARS-CoV-2-Proben einer Genomanalyse zu unterziehen. Die Grundlage wurde im dritten Bevölkerungsschutzgesetz gelegt. Meldedaten der Sequenzierung sollen vermehrt erhoben und beim RKI zusammengeführt werden. Einige Kliniken haben bereits damit begonnen, positive Corona-Tests auf Mutationen zu testen.
Die Stadt Köln geht noch einen Schritt weiter: „Die neu auftretenden Virusvarianten stellen uns vor weitere Herausforderungen in der Pandemie, und ihre Ausbreitung muss so gut wie möglich verhindert beziehungsweise verlangsamt werden. Im Labor können wir die Varianten innerhalb kurzer Zeit erkennen und so die Information zur Verfügung stellen. Die Kolleginnen und Kollegen vom Gesundheitsamt können dadurch schnell reagieren und Infektionsketten unterbrechen“, wird Florian Klein, Direktor des Instituts für Virologie der Uniklinik Köln in der Welt zitiert. Seit Wochenbeginn wird der Zeitung zufolge ausnahmslos jeder positive PCR-Test auf Mutationen überprüft.
Täglich geht es hier um etwa 200 Menschen, die in Köln positiv auf SARS-CoV-2 getestet werden. Kleins Team (Stand Mittwoch, 20.1.2021, Nachmittag) zählte bisher 411 überprüfte Proben, darunter auch Verdachtsfälle aus anderen Laboren. Davon wiesen laut dem Bericht 19 Fälle eine Virusmutation auf, 15 davon betrafen die B.1.1.7-Variante und 4 die südafrikanische B.1.351-Variante.
Der baden-württembergische Patient ist bisher der weltweit dritte bekannte Fall eines Patienten mit Reinfektion, der verstorben ist. Im Oktober war über eine 89-jährige Frau mit Immunschwäche aus den Niederlanden berichtet worden. Des Weiteren berichtete eine Israelische Zeitung im Dezember über einen 74-jährigen Altenheim-Bewohner, der nach durchstandener Erstinfektion im August aufgrund einer Reinfektion verstarb – davor war er drei Mal negativ auf SARS-CoV-2 getestet worden. Dem Bericht zufolge habe es sich bei der zweiten Infektion um eine Mutation gehandelt.
Bildquelle: Nanographics.at