Noch werden Schlupflöcher genutzt. Doch schon bald sollen Corona-Schnelltests durch eine neue Verordnung für jeden frei verkäuflich sein. Wir haben uns angeschaut, welche Tests infrage kommen.
Lange hat das Bundesgesundheitsministerium gezögert, die Abgabe von Antigen-Schnelltests auf SARS-CoV-2 an Laien zu ermöglichen. Jetzt bewegt sich doch noch was: Künftig soll jeder Privatbürger Antigen-Tests kaufen und zuhause vornehmen können. Dafür soll die Medizinprodukte-Abgabeverordnung (MPAV) geändert werden, wie die Rheinische Post berichtet. „Antigentests zur Eigenanwendung mittels Antigenbestimmung werden von der Abgabebeschränkung ausgenommen“, wird aus dem Entwurf zur Veordnung zitiert. Der Arztvorbehalt gelte für diese Tests dann nicht mehr.
Ziel ist eine noch breitere und schnellere Testung der Bevölkerung. Die Selbsttests sollen in Zukunft „eine entscheidende Rolle bei der Eindämmung der Pandemie spielen“, heißt es zur Begründung. Zuvor waren die Rufe nach einem stärkeren Einsatz der Schnelltests immer lauter geworden. Studien hatten gezeigt, dass auch Selbsttests durch Laien zuverlässig möglich sind.
Ob das Bundesgesundheitsministerium mit den derzeit auf dem Markt befindlichen PoC-Tests plant, ist derzeit etwas unklar. Möglicherweise geht es um Schnelltests, die erst noch kommen müssen. SARS-CoV-2-Antigentests für den Eigengebrauch müssen dafür eigens zugelassen werden. Das kann einige Wochen oder auch Monate dauern, je nachdem, wie ernst es allen Beteiligten ist.
Selbsttests unterliegen dem Medizinproduktegesetz und müssen, wenn sie völlig uneingeschränkt frei verkäuflich sein sollen, Voraussetzungen erfüllen wie Gebrauchstauglichkeit, zuverlässige Probennahme und Ergebnisdarstellung. Könnten diese Merkmale nachgewiesen werden, sei auch die Apotheke als Beratungsinstanz nicht nötig, so das BMG. Die Schnelltests könnten demnach künftig auch im regulären Handel verfügbar sein, ähnlich wie Schwangerschaftstests.
Es gibt allerdings ein Schlupfloch, mit dem das Zulassungsproblem temporär umgangen werden könnte, und das ist die Anleitung durch Fachpersonal. An Schulen wurden Lehrertestungen teilweise schon über dieses Schlupfloch ermöglicht. Bei den Heimtests könnte der Apotheker in die Rolle des Test-Coaches schlüpfen.
Gute Studien zum Eigengebrauch gibt es jedenfalls auch für schon existierende Tests. So wurde für einen SARS-CoV-2 Antigen-Schnelltest von Biosensor, der dem von Roche analog ist, gezeigt, dass ein Selbstabstrich vorne in der Nase genauso zuverlässig ist wie ein Fremdabstrich im Nasenrachen. Auch für den PanBio von Abbott wurden derartige Studien durchgeführt. Der Clinitest von Siemens ist sogar explizit für den vorderen Nasenabstrich zugelassen – auch der allerdings derzeit mit Fachpersonalvorbehalt.
„Aktuell werden von einer Vielzahl von Unternehmen Antigentests für den Nachweis von SARS-CoV-2 entwickelt, bei denen Probennahme, Testung und Bewertung des Ergebnisses durch die zu testende Person selbst, d.h. durch medizinische Laien, möglich sind“, erklärt das Gesundheitsministerium – und hofft ganz offensichtlich, dass die „echten“ Selbsttest-Zulassungen jetzt auch schnell kommen werden. Sie würden jedenfalls einiges vereinfachen.
Es geht aber nicht nur um Antigentests per vorderem Nasenabstrich. Ähnlich einfach anzuwenden, vielleicht noch einfacher, sind Gurgeltests. Österreich stattet damit gerade seine Schulen aus. In Europa kann man den Behörden also durchaus zuvorkommen. Einige halten das Österreich-Szenario auch für Deutschland für plausibel: „Der Test wird voraussichtlich als Spuck- oder Gurgeltest kommen, damit ist das Handling einfacher als bei Rachenabstrichen per Wattestäbchen“, ist sich Thomas Preis vom Apothekerverbands Nordrhein im Gespräch mit der Rheinischen Post sicher.
Er rechnet damit, dass die Tests schon ab Ende Januar in den Apotheken und angeleitet durch die Apotheker erhältlich sind und 10 bis 15 Euro kosten würden. Bis „Ende Januar“ ist allerdings nicht mehr viel Zeit. Apotheker Preis hatte sich zuvor, wie viele andere, für eine Abgabe von Schnelltests an Laien stark gemacht. Eine wichtige Rolle dürften Bündnis 90/Die Grünen gespielt haben. Sie hatten mit einer eigenen Gesetzesinitiative Druck gemacht. Auch SPD-Universalexperte Karl Lauterbach begrüßt den Vorstoß auf Twitter:
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