Sputniks Vorteil gegenüber AstraZenecas Vektorimpfstoff macht sich bemerkbar: Die Wirksamkeit liegt laut aktueller Daten bei über 90 Prozent. Wir gehen für euch ins Detail.
Ein halbes Jahr nach der Zulassung von Sputnik V in Russland liegen jetzt die von unabhängigen Experten begutachteten Zwischenergebnisse der Phase-III-Studie vor. Darin wird dem Corona-Impfstoff eine Wirksamkeit von über 90 Prozent bescheinigt.
Der Vektorimpfstoff namens Sputnik V (Gam-COVID-Vac) enthält Adenoviren als Transportmittel für Gene, die für das Spike-Protein von SARS-CoV-2 kodieren. Die Zellen, zu denen der Impfstoff gelangt, produzieren die Antigene also selbst. Zwar sind die Adenoviren harmlos, dennoch kann sich eine Immunität gegenüber den Vektoren entwickeln.
Aus Sorge, dass eine Immunreaktionen gegen den selben Vektor die Wirkung der Booster-Impfung abschwächen könnte, setzten die Entwickler von Sputnik V daher auf ein Impfschema, das zwei verschiedene Adenoviren als Träger benutzt:
Mit diesem Problem hatte AstraZeneca bereits zu kämpfen. Auch sie benutzen einen Vektorimpfstoff, allerdings kommt bei beiden Dosen der gleiche Träger zum Einsatz. Man vermutete, dass das der Grund für eine vergleichsweise geringe Wirksamkeit des AstraZeneca-Impfstoffs ist. Deswegen kooperiert das Unternehmen inzwischen mit dem russischen Hersteller, um mit einer Kombination beider Impfstoffe eine höhere Wirksamkeit zu erreichen (wir berichteten). Der Vorteil des russischen Impfstoffs ist, dass er nicht bei extrem niedrigen Temperaturen gelagert werden muss.
An der Studie nahmen knapp 22.000 Probanden teil. Anders als in den bisherigen Impfstoffstudien, wählten die Autoren eine 3:1-Randomisierung der Teilnehmer: drei Viertel der Probanden erhielten den Impfstoff und nur ein Viertel das Placebo.
Innerhalb von 21 Tagen nach der ersten Dosis kam es unter den 14.964 Geimpften zu 16 milden COVID-19-Erkrankungen. Von den 4.902 Personen in der Placebogruppe erkrankten 62 Teilnehmer, 20 davon moderat oder schwer. Daraus ergibt sich eine Wirksamkeit von 91,6 % (95% CI 85,6-95,2). Speziell in der Altersgruppe der über 60-Jährigen lag die Wirksamkeit bei 91,8 % (95% CI 67,1-98,3).
Wichtig ist hier die Information, dass die Wirksamkeitsanalyse nur symptomatische Fälle von COVID-19 einschließt. Wie die Autoren anmerken, wurden COVID-19-Erkrankungen nur dann erkannt, wenn die Teilnehmer Symptome selbst meldeten. Erst dann folgte ein PCR-Test. Damit braucht es weitere Daten, um die Wirksamkeit des Impfstoffs auf asymptomatische Fälle zu untersuchen.
Nebenwirkungen traten wie folgt auf (Probanden aus der Impfgruppe n = 1.029, Placebo n = 340):
Allerdings muss auch hier angemerkt werden, dass Nebenwirkungen nicht aktiv abgefragt wurden (als solicited adverse events bezeichnet) oder zumindest in der Studie nicht als solche angegeben wurden. Laut Methodenteil konnten die Teilnehmer Symptome freiwillig an das Studienteam melden oder Symptome in einem elektronischen Tagebuch eintragen, mussten dies aber nicht tun.
Bei 68 Probanden traten nach der Impfung schwere Nebenwirkungen auf, die eine Hospitalisierung erforderten: 45 (0,3 %) von 16.427 Teilnehmer der Impfgruppe und 23 (0,4 %) von 5.435 Probanden der Placebogruppe. Darunter zählten unter anderem Gefäß- und Herzerkrankungen. Doch keines der Ereignisse wurde als im Zusammenhang mit der Impfung stehend betrachtet, was das unabhängige Datenüberwachungskomitee bestätigte.
Drei Menschen starben nach der Impfung, zwei davon aus der Impfgruppe. Die beiden Todesfälle sind auf COVID-19 zurückzuführen, allerdings haben sich die Probanden offenbar bereits vor der Impfung infiziert. Beide litten an Vorerkankungen. Der Teilnehmer der Placebogruppe starb an einem Schlaganfall. Auch hier ergibt sich laut der Autoren kein Zusammenhang mit der Impfung.
In Russland sind nach eigenen Angaben schon über 1,5 Millionen Menschen mit Sputnik V geimpft. Dort hatte der Impfstoff die Zulassung bereits im August erhalten. Ob und wann man in der EU mit damit rechnen kann, bleibt offen. Ende Januar hat Russland immerhin schon einen Antrag auf die Zulassung von Sputnik V bei der EMA eingereicht. Noch hat die Arzneimittelagentur allerdings kein Rolling Review des Impfstoffs gestartet. Das Verfahren dient einer beschleunigten Zulassung dringend benötigter Arzneimittel.
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