Die Corona-Mutanten sind auch in Köln angekommen. Als eine von wenigen Städten in Deutschland überprüft die Rheinmetropole daher jetzt alle Tests auf die UK- und Südafrika-Variante. Auch zur Impfstrategie gibt es neue Infos.
Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker hat heute (Mittwoch) gemeinsam mit Dr. Christian Miller, Leiter der Berufsfeuerwehr, und Dr. Johannes Nießen, Leiter des Gesundheitsamtes, über die aktuelle Pandemie-Lage informiert. Reker zeigte sich zu Beginn ihrer Einschätzung überrascht von der Anzahl an Pressevertretern vor Ort. „Ich begrüße Sie alle sehr herzlich – auch wenn Sie ja eigentlich zu viele sind und wahrscheinlich noch keiner am Eingang stand, um Sie einem Schnelltest zu unterziehen.“ Dennoch lobte sie die Organisation der Stadt Köln; die Lage sei „tendenziell weiter positiv“, man habe die Kontaktverfolgungen Infizierter im Griff und auch die Situation auf den Intensivstationen der städtischen Krankenhäuser entspanne sich langsam.
Nießen bestätigte das anhand aktueller Zahlen. Derzeit liege die Inzidenz bei 75,4 und damit unterdurchschnittlich. Der Lockdown mache sich in den sinkenden Fallzahlen bemerkbar. Miller lieferte dazu Statistiken aus den Kölner Krankenhäusern: „Die Lockdown-Maßnahmen kommen endlich auf den Intensivstationen an.“ Trotzdem bleibe es bei einer hohen Auslastung der Intensivstationen. Seit Oktober 2020 habe die Kapazität der freien Betten nicht über 10 Prozent gelegen, momentan sei sie bei 6 Prozent. Neben Corona sei hier aber auch eine saisonal bedingte Erkrankungswelle verantwortlich.
Im Zeitraum zwischen 25. Februar 2020 und 1. Februar 2021 habe die Stadt Köln 709.285 Abstriche durchgeführt, davon waren 31.203 positiv (4,40 Prozent). Die Zahl der positiven Abstriche der vergangenen Woche liege bei durchschnittlich 6,72 Prozent. Dass die Corona-Varianten inzwischen auch in Köln angekommen sind, sei spürbar, so Nießen. Köln überprüft alle Tests auf Varianten von SARS-CoV-2 – als, neben Solingen, eine der einzigen Städte in Deutschland. Der Berufsverband Deutscher Laborärzte (BDL) hatte sich bereits für eine unbürokratische Untersuchung aller Proben auf die Coronavirus-Mutanten ausgesprochen.
Bis gestern sei bei Testungen 113 mal die UK- und 52 mal die Südafrika-Variante festgestellt worden. Über Twitter war zuvor kommuniziert worden, dass in den sieben Tagen vor dem 1. Februar 2021 insgesamt 880 neue Coronafälle festgestellt worden waren, davon 80 mal die britische und 42 mal die südafrikanische Mutante. Der Anteil der britischen Variante (B117) lag demnach bei 9 Prozent, der der Südafrika-Variante (B1351) bei 5 Prozent.
Über den Gesamtanteil der Südafrika-Variante an den Kölner Corona-Fällen gab es zuletzt Diskussionen.
Nießen erklärte das mit einem statistischen Ausreißer, ausgelöst durch eine Flüchtlingsunterkunft. Hier habe es überdurchschnittlich viele Fälle der Südafrika-Variante gegeben: Von 41 positiv getesteten Bewohnern wurde bei 31 die Mutante nachgewiesen. Auch Mitarbeiter seien betroffen. Hier wurde bei 11 von insgesamt 16 positiv Getesteten die Variante gefunden. „In dieser Flüchtlingsunterkunft hatten verschiedene Familien verschiedene Einträge. Sie haben sich dort mit der Südafrika-Variante angesteckt, aber keinen Kontakt untereinander“, so Nießen. Die Einrichtung werde bis voraussichtlich 10. Februar unter strenge Quarantäne gestellt. Man suche jetzt nach Ursachen für diese Infektionen; für SARS-Cov-2 insgesamt, wie auch für die UK-Variante bleiben aber Haushalt und Arbeitsstelle die häufigsten Infektionsquellen.
Die Kölner Impfzentren sind seit 15. Dezember 2020 einsatzbereit. Nach einigen Verzögerungen wegen Lieferschwierigkeiten bei den Impfstoffen sollen die Zentren ab kommender Woche (Starttermin: 8. Februar 2021) in Betrieb genommen werden. Bisher seien 26.661 Impfungen verabreicht worden, davon 20.471 Erst- und 6.190 Zweitimpfungen.
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In seinem Ausblick zum Ablauf der Impfungen berichtete Miller, dass die Terminvergabe für Impfungen über die KV Nordrhein angelaufen sei, die Timeslots seien bereits alle vergeben. Insgesamt solle Nordrhein-Westfalen zunächst 130.000 Impfdosen erhalten, eine Verteilung auf die einzelnen Kommunen stehe noch aus. Diese orientere sich am Einwohnerschlüssel, wie viele Dosen tatsächlich nach Köln kämen, sei noch offen.
Laut Schätzungen der Expertenkommission sei eine Herdenimmunität in Köln im September dieses Jahres zu erreichen. Voraussetzungen dafür sind eine reale Immunisierung durch das Vakzin von über 75 Prozent und mindestens 8.000 Impfungen pro Tag. Eine dritte Infektionswelle lasse sich bereits mit etwa 5.000 Impfungen pro Tag verhindern. „Eine hohe Impfbereitschaft hat tiefgreifenden Effekt auf das Infektionsgeschehen“, so Miller. Sein Appell: Ein Impfangebot sollte dringend angenommen werden, sobald es besteht.
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Neu in der Planung einer Kölner Impfstrategie sei, dass der Impfstoff von AstraZeneca ebenfalls verteilt werden soll. Die Dosen kämen zusätzlich zum Impfstoff von Biontech/Pfizer und sollen an priorisierte Berufsgruppen verimpft werden. Zu diesen zählen nach einer Ergänzung jetzt auch das Personal ambulanter Hospizen sowie ambulanter Einrichtungen und der Tagespflege.
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