Der Faktor Alter ist offenbar ein geringeres Risiko für Darmkrebs als ein ungesunder Lebensstil. Mithilfe eines neuen Modells sollen Patienten motiviert weden, ihr persönliches Risiko präventiv zu minimieren.
Im Jahr 2018 traten weltweit über 1,8 Millionen neue Fälle von Darmkrebs auf, was 10 Prozent aller neuen Krebsfälle entspricht. Darmkrebs ist damit eine der häufigsten Krebsarten. Studien deuten darauf hin, dass die Zahl der Darmkrebsfälle in den kommenden Jahren noch deutlich ansteigt. Hochrechnungen gehen davon aus, dass im Jahr 2030 etwa 2,2 Millionen neue Fälle auftreten und 1,1 Millionen Menschen daran versterben werden. Die europäischen Länder stehen dabei weltweit an vorderster Stelle. Hinzu kommt: In den letzten Jahren erkranken zunehmend auch jüngere Menschen.
Beeinflussbare Verhaltensweisen wie Rauchen, schlechte Ernährung, übermäßiger Alkoholkonsum und körperliche Inaktivität sowie schnelle Gewichtszunahme und Adipositas können das Risiko einer Person, an Darmkrebs zu erkranken, erhöhen. Lebensstilbasierte Risikomodelle können daher helfen, Personen mit einem hohen Risiko zu identifizieren, sie zu Verhaltensänderungen zu motivieren oder ihnen Früherkennungsuntersuchungen anzubieten.
Auf Basis dieses Wissens entwickelte das Team um Prof. Krasimira Aleksandrova einen lebensstilbasierten Risikovorhersagealgorithmus für Darmkrebs. Dies geschah in enger Zusammenarbeit mit der International Agency for Research on Cancer (IARC) und anderen Kooperationspartnern der European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition (EPIC)-Studie. Die Ergebnisse veröffentlichte das Team jetzt in der Fachzeitschrift BMC Medicine.
Das Modell basiert auf Gesundheitsdaten von 255.482 Teilnehmern der EPIC-Studie, die in den Jahren 1992 bis 2000 nicht an Krebs erkrankt waren und bis zu 15 Jahre lang nachbeobachtet wurden. Zusätzlich nutzten die Wissenschaftler weitere Daten von 74.403 Teilnehmern, um das Modell zu validieren. Während des Studienzeitraums traten in der Entwicklungs- und Validierungsstichprobe 3.645 bzw. 981 Fälle von Darmkrebs auf.
„Ein Ziel dieser Forschung war es, Menschen dabei zu helfen, ihr eigenes Risiko für Darmkrebs abzuschätzen und Lebensstilentscheidungen auf dieses Wissen zu stützen“, erklärt Aleksandrova. Sie fügt hinzu: „Es ist das erste Mal, dass Daten aus einer groß angelegten europäischen Kohortenstudie verwendet wurden, um ein einfach zu bedienendes Werkzeug zur Darmkrebsvorsorge zu entwickeln. Das Modell berücksichtigt das individuelle Alter, den Taillenumfang und die Körpergröße sowie kritische Ernährungs- und Lebensstilfaktoren, die das Risiko einer Person, in den nächsten 10 Jahren an Darmkrebs zu erkranken, beeinflussen können.“
„Derzeit wird die Zielpopulation für das Darmkrebs-Screening hauptsächlich allein aufgrund des Alters bestimmt“, sagt Aleksandrova. „Obwohl das Alter, wie unsere Daten zeigen, zweifellos ein wichtiger Prädiktor für Darmkrebs ist, ermöglichen Informationen über modifizierbare Lebensstilfaktoren die Bereitstellung von präventiven Gesundheitsempfehlungen für Risikopersonen. Obwohl Darmkrebs eine der führenden Ursachen für Krebsmorbidität und -mortalität darstellt, lässt er sich weitestgehend vermeiden.“
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung des Leibniz-Instituts für Präventionsforschung und Epidemiologie. Die Studie haben wir euch hier und im Text verlinkt.
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