Dieses Jahr kommen bei der Bestellung der Grippeimpfstoffe gleich mehrere Herausforderungen auf Hausärzte und Apotheker zu. Was ihr wissen müsst, erfahrt ihr hier.
In den letzten Jahren lief die Grippeimpfstoff-Bestellung in den meisten Apotheken gleich ab: Die Hausärzte der Umgebung bestellten eine gewisse Menge Impfstoff, und nur diese Menge wurde, plus circa 10 % Überhang für die Privatpatienten, durch die Apotheken geordert.
Das Problem ist auch jedes Jahr dasselbe: Meistens reicht die bestellte Menge nicht aus, die Ärzte oder die Privatpatienten brauchen Nachschub und der ist nicht zu bekommen. Trudelt er dann irgendwann einmal über den Großhandel ein, dann braucht der bestellende Arzt auf einmal doch nichts mehr, die Privatpatienten sind ebenfalls versorgt, weil sie vorsichtshalber in drei Apotheken vorbestellt hatten. Die Apotheke bleibt also auf dem Überhang sitzen und entsorgt ihn auf eigene Kosten – zähneknirschend und mit dem Schwur, dass im nächsten Jahr alles anders laufen wird.
Nun muss bei der Bestellung in diesem Jahr sowieso das ein oder andere anders laufen, denn es befindet sich ein neuer Spieler auf dem Feld – Efluelda, der neue Hochdosis-Impfstoff von Sanofi, mischt jetzt mit. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat beschlossen, dass alle Menschen, die das 65. Lebensjahr erreicht haben, in der kommenden Saison mit hoch dosierten Influenza-Impfstoffen geimpft werden sollen. Bis Ende Februar soll der Impfstoff bestellt werden. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) müssen bis Ende März festlegen, welche vier Antigene im saisonalen Impfstoff enthalten sein sollen.
Der Hochdosis-Impfstoff ist deutlich teurer als der normale Grippeimpfstoff.
Quelle: KVBBDer G-BA rechtfertigte seine Entscheidung folgendermaßen: „Da es sich bei der saisonalen Grippe um eine häufige und potenziell schwer verlaufende Erkrankung handelt, kann bereits mit einer leicht besseren Wirksamkeit eines Impfstoffs eine relevante Anzahl an Grippeerkrankungen und an schweren Verläufen zusätzlich verhindert werden.“ Senioren leiden in der Regel unter einem schwereren Verlauf bei einer Grippeerkrankungen als jüngere Menschen und würden bei gleicher Dosierung einen weniger guten Impfschutz ausbilden.Für die Apotheken bedeutet das ein noch höheres Risiko bei der Vorbestellung. Mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) im Jahr 2019 wurde die Preisbildung und die Apothekenvergütung im Impfstoffbereich neu geregelt. Seither gibt es nicht mehr den normalen Abschlag für verschreibungspflichtige Medikamente, sondern pro Impfdosis nur noch 1 Euro Vergütung und maximal 75 Euro Vergütung pro Verordnungszeile. Das lässt nicht viel Luft für das Risiko, sich ausreichend mit Impfstoff für Privatpatienten einzudecken, der dann möglicherweise wieder vernichtet werden muss, wenn die Saison abgelaufen ist.
Trotzdem sollte bei der Bestellung beachtet werden, dass die Impfbereitschaft innerhalb der Bevölkerung aufgrund der Corona-Pandemie sicherlich erhöht ist, wie in der laufenden Saison eindrücklich bemerkt wurde. In den meisten Apotheke stapelten sich die Impfstoff-Bestellungen der Patienten, weil die Arztpraxen leergelaufen waren und Nachschub nur schleppend beschafft werden konnte.
In der kommenden Saison ist es also sinnvoll, wenn sich die Praxen an den Rat ihrer KVen halten. Die KV Baden-Württemberg empfiehlt ihren Mitgliedern beispielsweise: „Bestellen Sie die Impfstoffmenge, die Sie in der Saison 2019/2020 gebraucht haben, plus einen Aufschlag von maximal 40 Prozent. Der Bezug erfolgt über den Sprechstundenbedarf. Bis zum 31. März 2022 können Sie auch Influenza-Impfstoffe für gesunde, nicht erhöht infektionsgefährdete Personen unter 60 Jahren über den Sprechstundenbedarf (SSB) beziehen (Ausnahmeregel zu Satzungsleistungen wegen der Corona-Pandemie).“
Das deckt sich in etwa mit dem Wortlaut des Zweiten Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite. Ärzte sollen nämlich vorab mehr saisonalen Grippeimpfstoff bestellen können als in den Jahren zuvor, ohne dass sie Regressforderungen der Krankenkassen wegen unwirtschaftlicher Verordnung befürchten müssen.
Grundsätzlich kann schon jetzt das Muster-16-Rezeptformular ohne Namen des Versicherten genutzt werden. Markiert werden müssen die Felder 8 (Impfstoff) und 9 (Sprechstundenbedarf). Sinnvoll ist zudem eine Verordnung von höchstens 210 Impfdosen pro Rezept, bei maximal 70 Impfdosen pro Rezeptzeile. Bei höheren Bestelldosen müssen mehrere Rezepte verwendet werden.
Wenn die Praxen sich in ausreichendem Maße ohne Regressrisiko bevorraten können, dann müssen die umliegenden Apotheken keine großen Risiken eingehen, indem sie selbst im Übermaß Grippeimpfstoff ans Lager nehmen, der möglicherweise vernichtet werden muss. Es lohnt sich also ein Gespräch mit dem Hausarzt, falls auffällt, dass für die kommende Saison nicht mehr Impfstoff bestellt wird als in den Jahren zuvor.
Bildquelle: Adnan Shahid, unsplash