Bei Verdacht auf Prostatakrebs gilt in der Regel folgendes Vorgehen: Unter Kontrolle mit transrektaler Sonografie werden multiple Biopsien entnommen. Der oft komplikationsbehaftete Eingriff könnte einem Drittel der Männer erspart bleiben.
Prostatakrebs ist in Deutschland die häufigste Krebserkrankung bei Männern mit etwa 60.000 neuen Erkrankungen pro Jahr. Die Routinekontrollen bei Verdacht auf Prostatakrebs oder im Sinne eines Screenings erfolgen durch eine rektale Tastuntersuchung und gegebenenfalls durch den PSA-Test. Ein auffälliger Tastbefund bzw. eine Erhöhung des prostataspezifischen Antigens und/oder ein Anstieg im Verlauf mehrerer Messungen können Indikationen für eine transrektale, sonographisch gesteuerte Biopsieentnahme der Prostata (P-Stanze) darstellen.
Wissenschaftler aus Kanada stellten sich nun die Frage, ob die Bildgebung mittels MRT und anschließender gezielter Biopsie eine Alternative für die standardmäßige, transrektale Prostatastanzbiopsie unter TRUS-Kontrolle sein kann. Auch in Deutschland ist die MRT-gesteuerte Prostatabiopsie verfügbar. Sie gilt aber noch nicht als Standard, obwohl es bereits einen Cochrane-Review mit positivem Fazit gibt.
Die Gesamtqualität der Evidenz wurde in diesem Review vor zwei Jahren allerdings als „low“ bewertete. Eine relevante Frage ist die der falsch negativen Befunde, weil die vorhandenen Tumorareale nicht von der Biopsienadel getroffen werden. Auch geht es um Komplikationen des Eingriffs, Wiederholungsbiopsien und entzündliche Reaktionen in der Prostata, die durch die Manipulation mit der Nadel oder das Einbringen von Bakterien aus dem Rektum entstehen.
Um eine Nichtunterlegenheit eines MRT-gesteuerten Verfahrens zu prüfen, führten die kanadischen Forscher eine prospektive, multizentrische, randomisierte Studie an 453 Männern durch, die jetzt publiziert wurde und damit die Qualität der Evidenz in dieser Fragestellung deutlich steigert. Alle Probanden wiesen einen klinischen Verdacht auf Prostatakrebs auf, welcher im nächsten Schritt per Biopsie abgeklärt werden sollte. Als klinischer Verdacht wurde ein mindestens 5 prozentiges Risiko für einen Pathology grade group (GG) 2 festgelegt. Als weitere Kriterien galten ein PSA-Wert von bis zu 20 ng/mL sowie keine Kontraidikation für ein MRT.
Die Hälfte der Probanden erhielten eine TRUS-Biopsie (49,9 %), die andere Hälfte erhielt zunächst eine MRT-Bildgebung (51,1 %), und nur bei bestätigtem Verdacht eine Biopsie. Die Ergebnisse: Beide Gruppen wiesen in Bezug auf Prostatakarzinome ab Grad GG2 – also ab mittlerem Risiko – dieselbe Detektionsrate auf (TRUS: 30 %, MRT: 35 %). Gleichzeitig wurde nur bei 10 % statt 22 % der Patienten ein Prostatakrebs GG1 mit niedrigem Risiko beschrieben. Dies führte dazu, dass in der MRT-Gruppe bei 83 Männern, also 37 % der Gesamtpopulation, auf eine Biopsie verzichtet werden konnte.
Die Wissenschaftler schlussfolgern, dass die MRT, gefolgt von einer gezielten Biopsie in ausgewählten Fällen, der initialen systematischen Biopsie bei Männern mit Prostatakrebs-Risiko in der Erkennung von Krebserkrankungen der Stufe GG2 oder höher nicht unterlegen ist. Das Vorgehen ging außerdem mit einer niedrigeren Rate unerwünschter Ereignisse im MRT-Arm einher. Einem Drittel der Männer könne eine TRUS-Biopsie erspart bleiben.
Hier findet ihr die gesamte Studie zum Nachlesen.
Bildquelle: Sarah Le, unsplash