Forschern ist es gelungen, die Nervenzellen zu finden, in denen Alzheimer beginnt. Die Erkenntnisse beziehen sich zwar bisher auf Fadenwürmer, könnten aber auf den Menschen übertragbar sein.
Nach Angaben des Arzneimittelherstellers Novartis leiden allein in Deutschland rund eine Million Menschen an Demenzerkrankungen; Alzheimer hat dabei einen Anteil von rund 70 Prozent. Weil die Menschen immer älter werden, steigt die Zuwachsrate exponentiell. Hoffnung machen Forschungserfolge, unter anderem aus Bremen: Die Zellbiologin Prof. Janine Kirstein und ihre Arbeitsgruppe haben in Fadenwürmern die „Nervenzelle 0“ gefunden – also die Nervenzellen, in der die Alzheimer-Erkrankung beginnt. Weil sich die Ergebnisse auf den Menschen übertragen lassen, könnten jetzt gezieltere Ansatzpunkte zur Verhinderung oder Verlangsamung der Krankheit entwickelt werden.
„Im Alterungsprozess des Menschen kommt es in unseren Nervenzellen in steigendem Maße zu Fehlern“, erläutert Kirstein. „Bei Alzheimer kommt es beispielsweise zunehmend zu einer Anhäufung von fehlgefalteten Proteinen, die dann verklumpen und längliche, seilartige Strukturen ausbilden.“ Diese Zugseil-Strukturen können große Hirnareale befallen und führen schließlich zu Erkrankungen wie Alzheimer oder auch Parkinson – und im schlimmsten Falle zur Demenz mit allen verbundenen kognitiven Beeinträchtigungen.
Bei der Forschung an Fadenwürmern ist es Kirstein und ihrer Arbeitsgruppe nun gelungen, diesen Prozess sichtbar zu machen und vor allem den Startpunkt der Krankheit – die „Nervenzelle 0“ – zu identifizieren. „Fadenwürmer eigenen sich deshalb sehr gut, weil sie auf molekularer Ebene identisch zum Menschen sind. Sie sind zudem transparent, weshalb die Vorgänge durch Fluoreszenz-Farbstoffe sichtbar gemacht werden können.“ Im Verlauf der Forschungen entdeckte die Gruppe, in welchen Zellen die Verklumpung zuerst auftritt.
Ein Vorteil ist dabei, dass der Lebenszyklus des Fadenwurmes von der Geburt bis zum Tod nur einen Monat beträgt: „Am Menschen verbieten sich solche Forschungen aus ethischen Gründen, und selbst bei einer Maus würde der Zyklus zwei Jahre dauern“, so Kirstein. Im Fadenwurm hingegen laufen die Vorgänge schnell ab und lassen sich im Tagesrhythmus beobachten.
Die Forschungsergebnisse lassen es nun zu, sich auch beim Menschen gezielt auf die Nervenzellen zu fokussieren, in der neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer beginnen. „Man könnte zum Beispiel einen Marker entwickeln, der einen Rückschluss darüber zulässt, ob die Degeneration bereits begonnen hat“, so die Professorin. „Dementsprechend schneller könnte man dann handeln, um weitergehende Folgen zu vermeiden.“
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung der Universität Bremen. Die Studie haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Colton Jones, Unsplash