Werden Gold-Nanopartikel – ummantelt mit einer Polymerhülle – intravenös injiziert, reichert sich das Gold in der Leber an und die Polymerbestandteile verteilen sich im gesamten Körper. Die Erkenntnis könnte die Entwicklung zukünftiger medizinischer Anwendungen beeinflussen.
Nanopartikel sind kleinste Teilchen, die bis in entlegene Körperpartien vordringen können. In der Forschung werden verschiedene Ansätze erprobt, wie Nanopartikel medizinisch genutzt werden könnten – beispielsweise um Substanzen an einen speziellen Ort wie etwa einen Tumor zu befördern. Dazu werden sie gewöhnlich mit einer Schicht aus organischem Material bedeckt, denn ihre Oberflächenbeschaffenheit ist entscheidend für ihre weitere Zielbestimmung im Körper. Haben sie etwa eine wasserabweisende Hülle, werden sie schnell vom Immunsystem erkannt und beseitigt.
Wissenschaftler um Dr. Wolfgang G. Kreyling, wissenschaftlicher Berater des Helmholtz Zentrums München, und Prof. Wolfgang Parak von der Philipps-Universität in Marburg, konnten nun erstmals im Tiermodell den zeitlichen Verlauf solcher Partikel nachverfolgen. Dazu konstruierten sie mit einem Gold-Isotop radioaktiv markierte, 5 nm kleine Gold-Nanopartikel, die mit einer ebenfalls radioaktiv markierten Polymerhülle ummantelt waren. Laut den Forschern ein handwerklich sehr anspruchsvoller nanotechnologischer Schritt. Nach der anschließenden intravenösen Injektion mussten sie aber beobachten, wie die extra aufgebrachte Polymerhülle wieder abgebaut wurde: „Überraschender Weise reicherte sich das partikelförmige Gold hauptsächlich in der Leber an“, erinnert sich Kreyling. „Im Gegensatz dazu verteilten sich die Hüllenmoleküle signifikant anders im ganzen Körper.“ Weitere Analysen der Wissenschaftler erklärten, woran das lag: Sogenannte proteolytische Enzyme in bestimmten Zellen der Leber scheinen die Partikel wieder von ihrer Hülle zu trennen. Dieser Effekt war nach Angaben der Forscher zuvor in vivo nicht bekannt, da die Partikel bislang nur in Zellkulturen getestet worden waren, wo dieser Effekt nicht sorgfältig genug untersucht worden war.
„Unsere Ergebnisse zeigen, dass auch vermeintlich sehr stabile Nanopartikel-Konjugate bei der Anwendung im Körper ihre Eigenschaften verändern können“, ordnet Kreyling die Ergebnisse ein. „Somit wird die Studie sowohl Einfluss auf zukünftige medizinische Anwendungen als auch auf die Risikobewertung von Nanopartikeln in Verbraucherprodukten und in der Wissenschaft und Technik nehmen.“ Originalpublikation: In vivo integrity of polymer-coated gold nanoparticles Wolfgang G. Kreyling et al.; Nature Nanotechnology, doi: 10.1038/nnano.2015.111; 2015