Zeitnot, Nicht-Adhärenz und gefährliches Halbwissen bei Dr. Google legen einer guten Therapiebegleitung häufig Steine in den Weg. Das gilt insbesondere für die Betreuung von Patientinnen und Patienten mit chronischen Erkrankungen wie Asthma. Unterstützung finden Betroffene sowie medizinisches Fachpersonal in Begleitprogrammen mit zertifizierten, ärztlich geprüften Informationen wie TheraKey. Einer der Pneumologen, die die Inhalte des Asthma-Portals mitentwickelt haben und der TheraKey bereits sehr erfolgreich einsetzt, ist Dr. Christian Gade. Er ist niedergelassener Internist, Pneumologe, Allergologe und Notfallmediziner in Lüneburg. Im Interview verrät er, wie Therapiebegleitung trotz knappem Zeitbudget gelingen kann.
Herr Dr. Gade, die Therapiebegleitung von Asthmatikerinnen und Asthmatikern ist herausfordernd. Wie gelingt Ihnen das und worauf achten Sie besonders?
Wir versuchen in unserer Praxis die Patientinnen und Patienten immer individuell zu begleiten. Das heißt, den Patienten da abzuholen, wo er gerade steht. Dafür prüfe ich: Um welche Asthmaform handelt es sich? Macht der Patient Sport? Gibt es irgendwelche Haustiere? Wo könnte es Probleme geben? Auch das Praxispersonal ist involviert, beispielsweise bei der Inhalatorschulung vor Ort in der Praxis. Dabei erklären wir die verschiedenen Devices – individuell an die Bedürfnisse und Voraussetzungen des Betroffenen angepasst. Ein anderes, sehr wichtiges Thema ist die Adhärenz. Diese hängt ganz wesentlich davon ab, ob Betroffene ihr Krankheitsbild verstehen. Das alles zu erklären, kostet Zeit, ist aber wichtig.
Welche neuen Herausforderungen sind durch die Corona-Pandemie hinzugekommen?
In Hinblick auf die Pandemie gibt es bei den Patientinnen und Patienten viel Erklärungsbedarf. Man darf nicht unterschätzen, wie viel wir am Tag telefonieren, um Fragen zur Impfung, zur Infektion, zu Abstrichen, zu Tests und von Reiserückkehrern zu beantworten. Wir müssen deshalb schauen, wie wir in einem Arbeitsalltag – der vorher schon gut gefüllt war – mit dieser Mehrbelastung am besten zurechtkommen. Eine Option ist, auf digitale Hilfsmittel zurückzugreifen. Ich gebe meinen Patientinnen und Patienten dafür TheraKey mit nach Hause und verweise sie auf konkrete Module im Portal. Bei der nächsten gemeinsamen Sprechstunde knüpfen wir daran an, indem wir über Rückfragen zu den gesichteten Inhalten sprechen. Diese Ausgliederung spart wertvolle Zeit, die im Alltag frei wird und beispielsweise in individuelle Fragen reinvestiert werden kann. Bereits vor der Pandemie haben wir auf diese Weise manche Themen aus der Sprechstunde ausgegliedert.
Auf welche Weise entlastet Sie TheraKey noch im Alltag?
Es gibt bei TheraKey auch Schreibtisch-Materialien, die ich gerne zur Veranschaulichung mancher Sachverhalte nutze. Ich habe schon seit einigen Jahren auf meinem Schreibtisch eine Abbildung mit einem weiten und einem engen Bronchus sowie den typischen Risikofaktoren und Auslösern für einen Asthmaanfall liegen. Anhand dieser Abbildung erkläre ich den Patientinnen und Patienten, dass der Bronchus bei Asthma eng und entzündet ist. Das sind ganz wesentliche Abläufe im Körper, die Betroffene verstehen sollten. Außerdem entlastet mich TheraKey, indem die Patientinnen und Patienten zu Hause wichtige Informationen noch einmal in Ruhe nachlesen oder anschauen können. Das gilt vor allem, wenn der Patient bzw. die Patientin bei dem ersten Besuch in der Praxis einen Allergietest macht, die Lungenfunktion getestet wird und die Diagnose Asthma herauskommt. Es ist ganz normal, dass dies zunächst realisiert und verarbeitet werden muss. Das ist eine ganz schön große Informationsflut!
Gibt es Inhalte, die Sie Ihren Patientinnen und Patienten in Hochphasen, wie der Asthmasaison, besonders ans Herz legen?
Das ist von Patient zu Patient verschieden. Außerdem gilt es zu beachten, dass sich der Pollenflug deutlich verschoben hat. Beispielsweise blühen die Haselpollen mitunter schon im Dezember. Pollenallergiebeschwerden können also auch in dieser Jahreszeit auftreten. Gerade bei Betroffenen, die saisonal stärkere Beschwerden haben, gebe ich die Empfehlung, die Therapie regelmäßig anzuwenden und nicht nur nach Bedarf. Zu einer intensiven Auseinandersetzung mit Informationen dazu ermuntere ich daher vor allem die Patientinnen und Patienten, die besorgt sind, ob ihr Asthma ausreichend unter Kontrolle ist. Aufschluss darüber können außerdem die Ergebnisse von Peak-Flow-Messungen geben. So können wir gut im Blick behalten, inwiefern die Medikation ausreicht oder erweitert werden sollte. Mit diesen Informationen und einem Notfallplan sind die Patientinnen und Patienten gut auf die Asthmasaison vorbereitet.
Welche Inhalte oder Funktionen des TheraKey bieten Ihnen und Ihren Patientinnen und Patienten den größten Nutzen?
TheraKey beinhaltet viele gute Teilaspekte. Wann ein bestimmter Inhalt gerade optimal passt oder den größten Nutzen bietet, hängt auch davon ab, in welcher Phase des Krankheitsverlaufes sich die Patientin bzw. der Patient gerade befindet. Der TheraKey Kompass für COPD-Patienten ist beispielsweise kurz nach der Erstdiagnose hilfreich und bietet u. a. Inhalte zum Thema Inhalationstherapie. Betroffene müssen als erstes lernen, ihren Inhalator richtig anzuwenden. Nur so gelangt der Wirkstoff über das Pulver dahin, wo er hin soll – in die Lunge. Im weiteren Verlauf rücken häufig Fragen zur Rehabilitation und dergleichen in den Mittelpunkt.
Grundsätzlich finden bei Betroffenen mit Belastungsproblemen die Module zu Aspekten der Atemtherapie großen Anklang. Aktuell haben viele Patientinnen und Patienten aufgrund der Pandemie Bedenken aus dem Haus zu gehen, da sie Menschenkontakte meiden möchten. Für diese hält der COPD-Fitmacher eine gute Anleitung mit schönen Videos bereit.