35 Millionen Menschen weltweit sind derzeit mit HIV-1 infiziert. Mittels eines neu etablierten Modells von latent infizierten Gehirnzellen ist es gelungen, in diesen den Einfluss verschiedener Wirkstoffe auf die Aktivität des Virus zu untersuchen.
„Ursache für die chronische Infektion sind ‚ruhende‘ Virusgenome, die sich in langlebigen Zellen verstecken, aber durch verschiedene Faktoren aktiviert werden können“, erklärt Prof. Dr. Ruth Brack-Werner vom Institut für Virologie am Helmholtz Zentrum München. „Diese sogenannten latent infizierten Zellen befinden sich unter anderem im Blut und im Gehirn, wobei die HIV-Latenz im Gehirn besonders schwierig zu untersuchen ist“, fügt sie hinzu. Untersuchungen von Gehirngewebe aus verstorbenen HIV-1 infizierten Personen zeigen, dass bis zu 19 % der Astrozyten HIV-infiziert sein können. Bisher gab es jedoch kein experimentelles Modell zur Erforschung der HIV-Latenz in diesen Zellen. „Mit unserem Modellsystem können wir die latente HIV-Infektion in Astrozyten simulieren“, erläutert Dr. Martha Schneider, Erstautorin der Studie. Die Forscher konnten so etwa zeigen, dass verschiedene Substanzen, darunter der Botenstoff TNF-alpha, das inaktive Virus in den Astrozyten reaktivieren können. Umgekehrt war es auch möglich, die Aktivität des Virus durch Behandlung der Zellen mit bestimmten Molekülen einzuschränken. „Mithilfe bestimmter Wirkstoffkandidaten scheint eine Unterdrückung der Virusaktivität nun möglich“, so Schneider.
Künftig wollen die Wissenschaftler dieses System verwenden, um die Wirkung weiterer Substanzen zu untersuchen, die die Aktivierung von HIV-1 im Gehirn verhindern könnten. Darüber hinaus wollen die Forscher auch die Wirkung bereits zugelassener Medikamente testen und so die klinische Betreuung von HIV-1-Patienten in Zukunft verbessern. Originalpublikation: A new model for post-integration latency in macroglial cells to study HIV-1 reservoirs of the brain Martha Schneider et al.; AIDS, doi: 10.1097/QAD.0000000000000691; 2015