Die Temporallappenepilepsie spricht nur selten auf medikamentöse Therapien an, operative Entfernungen der betroffenen Hirnareale zeigen oft keinen Effekt. Mit der Tiefen Hirnstimulation wird jetzt ein neuer Ansatz verfolgt.
Epileptische Aktivität, ausgehend von einer oder mehreren erkrankten Hirnregionen im Bereich des Schläfenlappens, ist schwer einzudämmen. Viele Patientinnen und Patienten mit einer Temporallappenepilepsie sprechen häufig nicht auf die Behandlung mit anti-epileptischen Medikamenten an und die betroffenen Hirnareale müssen operativ entfernt werden. Leider verschafft dieser Eingriff nur etwa einem Drittel der Patienten Anfallsfreiheit, sodass die Entwicklung alternativer Therapieansätze von großer Bedeutung ist.
Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen um die Neurobiologin Prof. Carola Haas, Forschungsgruppenleiterin an der Klinik für Neurochirurgie des Universitätsklinikums Freiburg und des Forschungszentrums BrainLinks-BrainTools, haben einen neuen Therapieansatz zur Prävention epileptischer Anfälle bei Temporallappenepilepsie erforscht.
Sie zeigten an Mäusen, dass sich mit einer niederfrequenten Stimulation bestimmter Hirnareale die epileptische Aktivität komplett beenden ließ. Statt mit Strom stimulierten die Forschenden die Zellen mit Licht. Dafür hatten sie zuvor ein lichtsensitives Molekül in die Zellen eingeschleust, das eine besonders präzise Stimulation erlaubt. Die Ergebnisse veröffentlichten sie im Fachmagazin elife.
„Sobald wir die Hirnregion mit einer Frequenz von einem Hertz stimulierten, waren die epileptischen Anfälle verschwunden. Dieser Effekt war über mehrere Wochen stabil“, sagt Haas. Eine Gewöhnung, wie sie bei einer medikamentösen Therapie auftreten kann, fand nicht statt. Die Hirnregion wurde täglich eine Stunde stimuliert.
Bei einer Temporallappenepilepsie ist oft der Hippocampus krankhaft verändert und stellt meist den Fokus der epileptischen Aktivität dar. In früheren Studien konnte auf Grundlage präziser genetischer Markierungstechniken bereits das Fasersystem und dessen synaptische Kontakte zwischen Schläfenlappen und Hippocampus dargestellt werden, welche bei einer Temporallappenepilepsie typischerweise erhalten bleiben.
Die Forschenden nutzten dieses Fasersystem, um die Aktivität des Hippocampus unter dem Einsatz lichtabhängiger Proteine spezifisch und zeitlich präzise zu manipulieren. Bei der Messung der Hirnströme zeigte sich, dass eine rhythmische Aktivierung des erkrankten Hippocampus mit einer niedrigen Frequenz von einem Hertz die epileptische Aktivität unterdrückt und deren Ausbreitung verhindert.
Haas und ihr Team wiesen nach, dass die anti-epileptische Wirkung größtenteils auf die wiederholte Aktivierung der überlebenden Körnerzellen im Anfallsfokus zurückführen ist. Einzelzell-Untersuchungen bestätigten die Vermutung, dass die Körnerzellen aufgrund der Stimulation weniger erregbar sind und sich der epileptische Anfall dadurch weniger leicht ausbreitet. „Es ist auch möglich, dass wir einen weitgreifenden Netzwerkeffekt haben, da sich die Stimulation über die Schaltkreise des Hippocampus ausbreiten kann“, so Haas.
In der Zukunft möchte das Team, zusammen mit der Medizinphysik des Universitätsklinikums Freiburg, das gesamte Gehirn während der Stimulation mittels Magnetresonanztomografie beobachten. Mit dieser Technik ließen sich weitere Hirnregionen identifizieren, die von der Stimulation betroffen sind. Entsprechende Erkenntnisse darüber könnten Aufschluss darüber geben, wie diese miteinander verbunden sind und welche weiteren Konsequenzen eine Stimulation hat.
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung des Universitätsklinikums Freiburg. Die Studie haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Bret Kavanaugh, Unsplash