Von Wolfram Weimer
Hans Henri Kluge: "Es wird weiterhin ein Virus geben, aber ich glaube nicht, dass Einschränkungen nötig sein werden. Das ist eine optimistische Aussage."
Während in Deutschland das Infektionsniveau stagniert, fallen die Zahlen nach WHO-Angaben weltweit plötzlich deutlich. Trotz Mutationen verliert das Coronavirus offenbar an Kraft. Forscher erkennen ein Muster - und machen Hoffnung mit einer verblüffenden Prognose.
Während sich Deutschland aus Sorge vor Mutationen und der dritten Welle nicht aus dem Lockdown traut, meldet die Weltgesundheitsorganisation (WHO) auf globaler Ebene eine verblüffende Entspannung der Pandemielage. Die weltweiten Infektionen gehen seit sechs Wochen in Folge massiv zurück - viel stärker und schneller als prognostiziert. In der zweiten Januarwoche hatte die globale Pandemie nach offiziellen Zahlen ihren Höhepunkt erreicht. Damals infizierten sich nach den offiziellen Daten mehr als 700.000 Menschen jeden Tag. Jetzt, nur sechs Wochen später, liegen die Zahlen nurmehr halb so hoch bei 350.000.
Die Tendenz ist auf allen Erdteilen - mit Ausnahme des östlichen Mittelmeerraums - stark fallend. Und das, obwohl in den meisten Ländern inzwischen Mutationen das Infektionsgeschehen prägen und die strengen Lockdowns allenthalben gelockert werden. Auch die Zahl der an oder mit Corona Verstorbenen hat sich binnen eines Monats glattweg halbiert. Erstmals seit Ausbruch der Pandemie werden rund um den Erdball rückläufige Todeszahlen gemeldet.
Der WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus warnt zwar: "Jetzt müssen wir den positiven Trend verstetigen. Das Feuer ist noch nicht aus, und wenn wir es nicht weiter bekämpfen, kommt es lodernd zurück." Doch Ghebreyesus und seine WHO-Offiziellen sprechen in ihren Analysen und Kommentaren zugleich immer lauter davon, die jüngste Entwicklung sei "sehr ermutigend" und "eine Wende".
Der WHO-Regionaldirektor für Europa, der Belgier Hans Henri Kluge, verkündet im dänischen Staatssender DR sogar, dass die Coronavirus-Pandemie schon in wenigen Monaten überwunden sein werde. Kluge prophezeit, die schlimmsten Szenarien seien nun vorbei. "Es wird weiterhin ein Virus geben, aber ich glaube nicht, dass Einschränkungen nötig sein werden. Das ist eine optimistische Aussage."
Für die deutsche Lockerungsdebatte dürfte diese Ansage der WHO ein ermutigendes Signal sein. Vor allem der ängstliche Blick Deutschlands auf die Mutationen wirkt durch die WHO-Zahlen übertrieben. Kluge sagt, Mutationen seien "normal" und sie würden nicht dazu führen, dass das Virus außer Kontrolle gerate. Tatsächlich fallen die Infektionsraten in den Ländern mit hohen Mutationsinzidenzen ebenso stark wie anderswo - in Südafrika beispielsweise um 33 Prozent binnen einer Woche.
Der massive Rückgang der Infektionszahlen kann noch nicht durch die Impfungen ausgelöst worden sein, denn bis jetzt ist nur ein Bruchteil der Weltbevölkerung geimpft. Es gibt nach Einschätzung der Experten drei Hauptgründe für den plötzlichen Einbruch der Infektionszahlen. Erstens wirken in vielen Ländern die Vorsicht- und Hygienemaßnahmen. Zweitens gebe es zusehends Regionen mit fortgeschrittener Immunisierung der Bevölkerung (etwa die USA, Schweden und Brasilien), da sich ein großer Teil der Bevölkerung bereits einmal angesteckt habe und die weitere Ausbreitung dadurch bremse. Drittens führe die Mutationsentwicklung offenbar dazu, dass Virusmutanten nicht nur gefährlicher, sondern auch harmloser werden können. In der Regel enden Pandemien sogar durch Mutationen, die weniger pathogen sind als ihre Vorfahren... Quelle: ntv.de
https://amp.n-tv.de/politik/politik_person_der_woche/Ist-das-der-Anfang-vom-Ende-der-Pandemie-article22380150.htmlDr. Paul E. Sax, Editor bei NEJM Journal Watch Infectious Diseases nennt 5 mögliche Gründe, warum die Zahlen für SARS-CoV-2-Infektionen und COVID-19-Erkrankungen in Stadt und Land, in Gegenden, wo bereits viel geimpft wird und solchen mit wenigen Impfungen, in Nord- und Südamerika, Europa, Afrika und Asien bzw. sogar in Ländern mit der Variante B.1.1.7 abnehmen:Theorie 1: Saisonalität. Doch Hinweise auf klimatische oder saisonal-regionale Aktivität/Spezifität fehlen.Theorie 2: Herdenimmunität. „Das könnte uns bis zur Hälfte der US-Bevölkerung bringen, die einen gewissen Grad an natürlicher Immunität gegen die Infektion hat". Könnte aber auch Spekulation à la Donald Trump sein?Theorie 3: Verhaltensmodifikationen. Fallen die Zahlen, weil sich die Menschen in ihrem Verhalten daran anpassen?Theorie 4: Impfstoffe. „Die Welt impft wie verrückt, die Nachfrage sprengt alle Erwartungen“, meint Sax, äußert sich aber nicht zu un-/möglichen "Sterilen Immunität".Theorie 5: Das Virus. „Vielleicht tut uns das Virus den Gefallen, und wird mit der Zeit weniger virulent“, meint Sax. Das ist allerdings virologisches Kaffeesatzlesen.
Theorie 6: Eine Mischung von 1-5.
Vergessen sollte dabei nicht eine beginnende globale Sättigung in dieser Pandemie mit einer spezifischen Corona-Virusart. Ein Teil der besonders vulnerablen Patienten/-innen sind verstorben, viele kämpfen auf Intensivstationen und in der REHA um ihr Leben zurück in die Normalität. Weltweit sind offensichtlich gar nicht alle Menschen empfänglich. Eine nach Corona-Varianten möglicherweise bestehende Teilimmunität ist weiter umstritten. Bei jeder Pandemie kommt es nach einer ungewissen Zeit zu einer Abschwächung, weil post infektionem zumindest ein Teil der Virus-Reservoire und damit weitere potentielle Wirtsorganismen schwinden.
Zusammenfassung auf Twitter:
Paul E. Sax, Editor NEJM Journal Watch Infectious Diseases COVID-19 Rückgang wg.:Saisonalität/Herdenimmunität/Verhaltensmodifikation/Impfstoff/Virus selbst/Mischung 1-5.Plus Sättigungspotenzial durch weniger Virusempfänglichkeit?https://blogs.jwatch.org/hiv-id-observations/index.php/why-are-covid-19-case-numbers-dropping/2021/02/21/Screenshots Dr. Schätzler