Seit Menschengedenken versuchen „Heilkundige“ mit Magneten Wehwehchen zu kurieren. Dank evidenzbasierter Therapien haben es solche Behandlungen schwer. Vermeintliche Fachartikel und Experten helfen da nur wenig.
Bei nicht invasiven Magnetfeldtherapien (MFT) erzeugen Geräte statische oder pulsierende Felder unterschiedlichster Art. Generell sollen MFT Wunden schneller heilen lassen, Migräne lindern oder degenerative Erkrankungen des Bewegungsapparats verbessern. Befürworter argumentieren vor allem mit physikalischen Änderungen auf molekularer Ebene, um den Zellstoffwechsel zu verbessern und Gewebe besser zu durchbluten.
Wer im Web zu Themen rund um Mikrozirkulation und MFT recherchiert, stößt immer wieder auf einen Namen: Professor Dr. med. Rainer-Christian Klopp. Seinem Lebenslauf zufolge war Klopp von 1983 bis 1990 Oberarzt am Institut für Kardiovaskuläre Diagnostik der Medizinischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin (Charité) und Leiter der selbständigen Universitätsabteilung für Mikrozirkulation. Kurz darauf gründete er das Institut für Mikrozirkulation an der Charité; seit 1992 ein selbständiges Forschungsinstitut.
Sein Online-Auftritt liefert nur spärliche Informationen, ohne auf Details einzugehen: „Die Forschungstätigkeit des Institutes ist nicht von Geldzuwendungen der Wirtschaft abhängig. Zur Realisierung seiner Forschungsvorhaben verfügt das Institut über regelmäßige eigene Einnahmen [...].“ Nach einem Impressum sucht man vergebens. Einige Angaben sind laut Telemediengesetz, Paragraph 5, verpflichtend. Zeitgleich äußert sich Klopp auf Websites kommerzieller Anbieter wie der BEMER-Technologie. Damit nicht genug: Wer bei PubMed nach Veröffentlichungen in medizinisch relevantem Kontext recherchiert, stößt tatsächlich auf einige Treffer. Nur handelt es sich ausnahmslos um Supplemente – nicht um Originalartikel – des Journal of Complementary and Integrative Medicine.
Obwohl Artikel in namhaften Fachzeitschriften größtenteils fehlen, bieten Ärzte MFT bei diversen Indikationen an. Kürzlich hat sich der Medizinische Dienst des GKV-Spitzenverbands im „IGeL-Monitor“ mit der Thematik befasst. Experten fanden lediglich drei Reviews zu MFT und Schmerzen aus den Jahren 2005, 2007 und 2011. Speziell zu Kreuzschmerzen gab es drei randomisierte, kontrollierte Studien. An der gemäß Jadad-Score qualitativ hochwertigsten Arbeit hatten lediglich 20 Patienten teilgenommen. Es fand sich kein Anhaltspunkt für einen Nutzen des statischen Magneten mit 30 Millitesla Feldstärke.
In einer als methodisch schlecht bewerteten Studie mit 41 Kreuzschmerzpatienten gab es ebenfalls keinen signifikanten Unterschied zwischen Verum und Scheinbehandlung. Nur in einer auf Japanisch publizierten Untersuchung sollen sich die Kreuzschmerzen verbessert haben, wenn der 180 Millitesla starke Magnet kontinuierlich über drei Wochen auf der schmerzenden Stelle getragen wurde – im Vergleich zu Patienten, die einen 10-Millitesla-Magneten bekommen hatten. Außerdem sei die Verblindung an keiner Stelle überprüft worden, kritisiert der MDS. Studiendaten von 146 Patienten mit Kreuzschmerzen seien generell zu gering für eine Aussage, heißt es weiter.
Bei anderen Indikationen sieht es zahlenmäßig ähnlich dürftig aus. Professor Dr. Joachim Piatkowsi, Dresden, hat 37 Patienten mit Multipler Sklerose und Fatigue in eine placebokontrollierte Studie aufgenommen. Sie legten sich zweimal täglich für je acht Minuten auf aktivierte (Verum) oder ausgeschaltete Magnetfeldtherapie-Matten (Placebo). Nach zwölf Wochen trat ein statistisch signifikanter Unterschied auf, gemessen anhand der Modified Fatigue Impact Scale. Der Wert sank von 32 auf 27 Punkte, unter der Scheinbehandlung verringerte er sich von 38 auf 37 Punkte. Dann folgten eine Crossover- und eine Langzeitstudie. Am Ende waren es 17 (Verum) versus 43 Punkte (Placebo) im MFIS-Score. Für eine Empfehlung reichen die Patientenzahlen jedenfalls nicht aus.
Alle bislang genannten Studien arbeiten mit vergleichsweise schwachen Feldstärken. Dass sich Magnetfelder generell therapeutisch einsetzen lassen, bezweifeln Ärzte und Physiker nicht. Bei der transkraniellen Magnetstimulation (TMS) erzeugen Spulen etwa drei Tesla: bis zu 15 Mal mehr als bei sonstigen Verfahren. Giacomo Koch aus Rom behandelte mit diesem Verfahren 20 Patienten [Paywall], die an einem linksseitigen Neglect litten. Alle Personen nahmen an einem Aufmerksamkeitstraining teil. Nach zwei Wochen erreichten Personen der TMS-Gruppe 190 Punkte im Behavioral Inattention Test. Bei der Gruppe mit Scheininterventionen waren es lediglich 175. Vor der Studie lag der Wert in beiden Gruppen bei 170. Schöne Zahlen – nur hilft die Verbesserung Patienten nicht, um besser im normalen Leben zurechtzukommen. Weitere Untersuchungen sind erforderlich, um einen tatsächlichen Mehrwert zu erzielen. Und die Moral von der Geschicht'? Große Feldstärken zeigen Effekte, die sich nicht nur diagnostisch, sondern auch therapeutisch nutzen lassen. Niedrige Feldstärken bewegen sich eher in der Größenordnung des allgegenwärtigen Elektrosmogs – und der wird nicht immer positiv bewertet.