Durch die Anwendung des Analgetikums Flupirtin kam es vermehrt zu schweren Leberschädigungen. Bei Verordnung des Medikaments sollten Ärzte deshalb die Leberwerte überprüfen, taten dies aber nicht ausreichend. Nun wird ein Widerruf der Zulassung diskutiert.
Flupirtin ist ein rezeptpflichtiges, nicht-opioides Analgetikum. Es wird seit Mitte der 1980er Jahre bei akuten Schmerzen verordnet, sollten nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) oder schwache Opioide nicht wirken. Das liegt an speziellen Wirkmechanismen. Flupirtin führt zur Öffnung spezieller Kaliumkanäle am synaptischen Spalt. Dadurch stabilisiert sich das Ruhepotenzial und Reize werden nicht weitergeleitet. Gleichzeitig hat Flupirtin eine muskelrelaxierende Wirkung, was zur Beliebtheit beigetragen hat. Laut Arzneiverordnungs-Report lag die rezeptierte Menge zuletzt bei mehr als 24 Millionen mittleren Tagesdosen (Defined Daily Dose, DDD).
Der Wirkstoff hat nicht nur wünschenswerte Effekte. Neben gastrointestinalen Nebenwirkungen wie Sodbrennen, Übelkeit oder Durchfall treten in seltenen Fällen Leberschäden auf. Apotheker und Ärzte wurden aufgefordert, alle Hinweise auf Nebenwirkungen umgehend dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zu melden. Auswertungen im Jahr 2013 zeigten, dass es bei 49 Patienten in Zusammenhang mit der Medikation zum Leberversagen gekommen war. Davon endeten 15 Fälle mit einer Transplantation oder sogar mit dem Tod.
Daraufhin wurde die Anwendungsdauer auf zwei Wochen und auf Patienten beschränkt, bei denen andere Schmerzmittel nicht angewendet werden können. Ärzte wurden zur Überprüfung der Leberwerte während der Behandlung verpflichtet. Eine begleitende Studie der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) sollte den Erfolg aller Maßnahmen evaluieren. „Diese zeigten nun, dass zwar die Anzahl von Patienten, die mit Flupirtin behandelt werden, abgenommen hat, die 2013 eingeführten Einschränkungen aber nicht in ausreichendem Maß beachtet werden“, heißt es in einer Meldung des BfArM. Außerdem seien weitere schwerwiegende Leberschädigungen beobachtet worden.
Jetzt rät der Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) der EMA, die Zulassung zu widerrufen. Dabei handelt es sich erst einmal um wissenschaftlich begründete Empfehlungen. Ärzte und Apotheker sollten mit ihren Patienten aber schon jetzt klären, welche pharmakologischen Alternativen es gibt.