Die Meinungen bezüglich des Antiparasitikums und seines Einsatzes gegen SARS-CoV-2 gehen unter Fachleuten auseinander. Eine klinische Studie gibt nun den Skeptikern Recht.
Ivermectin ist ein weit verbreitetes, als Antiparasitikum eingesetztes Medikament mit günstigem Sicherheitsprofil. Es wirkt vermutlich über verschiedene Proteinbindungsstellen antiviral. Aufgrund der nachgewiesenen Aktivität gegen SARS-CoV-2 in vitro und in Tiermodellen hat Ivermectin das Interesse der wissenschaftlichen Gemeinschaft und politischer Entscheidungsträger geweckt.
Mehrere Länder, unter anderen Bolivien und Peru, nahmen Ivermectin in ihre Behandlungsrichtlinien auf. Daraufhin nahm dort die Nachfrage nach dem Medikament in der Bevölkerung zu, was angeblichen sogar zum Handel mit veterinärmedizinischen Formulierungen führte.
Auch das RKI nennt Ivermectin in seiner Empfehlung zur medikamentösen Therapie von COVID-19 im Abschnitt „Potentiell wirksame Substanzen bisher ohne nachgewiesenen Nutzen in der Behandlung von COVID-19“. Aufgrund des niedrigen Evidenzgrades und zahlreicher methodischer Limitationen der bisherigen Studien sind jedoch weiterhin klinische Studien nötig, um eine Aussage über Ivermectin zur Behandlung von COVID-19 treffen zu können.
Während einer Infektion mit SARS-CoV-2 kommt es bereits früh zu einer vermehrten Replikation des Virus. Bei In-vitro-Versuchen mit anderen Viren zeigte Ivermectin seine antivirale Wirkung bereits in dieser frühen Phase und konnte so die Replikation verlangsamen. In einer doppelt verblindeten, randomisierten klinischen Studie widmeten sich Wissenschaftler nun der Frage, ob Ivermectin – wenn in einer frühen Phase der Infektion verabreicht – in der Lage ist, den Verlauf von COVID-19 günstig zu beeinflussen.
Für die in Kolumbien durchgeführte Studie wurden 400 symptomatische Patienten ausgewählt, die labordiagnostisch bestätigt mit SARS-CoV-2 infiziert waren. Alle Patienten waren nur leicht erkrankt, keiner von ihnen benötigte eine Sauerstoff-Substitution. Die Hälfte der Patienten erhielt für die Studie ein mal täglich eine orale Ivermectin-Lösung (300 μg/kg) an fünf aufeinander folgenden Tagen. Die andere Hälfte erhielt ein Placebo-Präparat. Das mediane Alter der Teilnehmer lag bei 37 Jahren und 231 der Patienten waren Frauen (58 %).
Die mediane Zeit bis zum Verschwinden der Symptome betrug 10 Tage (IQR, 9-13) in der Ivermectin-Gruppe und 12 Tage (IQR, 9-13) in der Placebo-Gruppe. An Tag 21 waren 82 % der Patienten in der Ivermectin-Gruppe und 79 % in der Placebo-Gruppe symptomfrei. Die häufigste unerwünschte Nebenwirkung war Kopfschmerz, an dem 104 Patienten (52 %) der mit Ivermectin Behandelten und 111 (56 %) Patienten der der Placebo-Gruppe litten. Die häufigste schwerwiegende unerwünschte Nebenwirkung war Multiorganversagen, das insgesamt bei 4 Patienten (2 in jeder Gruppe) auftrat.
Bei Erwachsenen mit leichtem COVID-19 konnte eine 5-tägige Behandlung mit Ivermectin, im Vergleich zur Placebo-Kontrolle, nicht signifikant zu einer schnelleren Heilung beitragen. Die Autoren raten aufgrund ihrer Ergebnisse nicht zum Einsatz von Ivermectin, auch wenn sie suggerieren, dass größere Studien erforderlich seien, um die Auswirkungen von Ivermectin auf andere klinisch relevante Endpunkte zu verstehen.
Die Studie haben wir euch hier und im Text verlinkt. Bildquelle: Martin Adams, Unsplash