Eine Blutanalyse steht bei medizinischen Untersuchungen oft an erster Stelle. Doch liefern gängige Tests nur eine Momentaufnahme. Ein neues Gerät soll es ermöglichen, Blutwerte kontinuierlich zu messen.
Das Gerät basiert dabei auf einer bestehenden Technologie, die als Enzyme-linked Immunosorbent Assay – kurz ELISA – bezeichnet wird. ELISA ist der Goldstandard der biomolekularen Detektion und kann nahezu jedes Protein, jedes Hormon oder jeden Antikörper im Blut identifizieren. Allerdings lässt sich damit nicht sagen, ob die Werte steigen oder sinken – immerhin handelt es sich hierbei nur um eine Momentaufnahme.
Jetzt haben US-Ingenieure eine Technologie entwickelt, die dieses entscheidende Stück fehlender Information liefern kann. Ihr Gerät, das sie RealTime-ELISA nennen, ist in der Lage, sehr schnell, sehr viele Bluttests durchzuführen. Das Zusmmenfügen der einzelnen Ergebnisse ermöglicht somit eine kontinuierliche Echtzeitüberwachung der Blutwerte eines Patienten. Die Studie von Poudineh et al. ist in Nature Biomedical Engineering erschienen.
Das Grundprinzip von ELISA, das schon seit Jahrzehnten angewendet wird, funkioniert so: Teströhrchen oder Mikrotitertestplatten werden mit einem Antikörper gegen das zu bestimmende Antigen beschichtet. Nach Zugabe der Probe bindet zunächst das Antigen an den spezifischen Antikörper.
Im Anschluss wird ein zweiter, gegen das Antigen gerichteter Antikörper hinzugefügt an welchen ein Enzym gekoppelt ist. Je nach Menge des gebundenen Antigens bindet eine entsprechende Menge des sekundären Antikörpers. Das gebundene Enzym ist in der Lage, einen hinzugefügten Farbstoff durch Spaltung zu aktivieren, so dass die Enzymaktivität photometrisch erfasst werden kann: Sie ist proportional zur Menge des gebundenen Zielmoleküls. Anhand einer Kalibrationskurve kann die Konzentration des nachzuweisenden Antigens bestimmt werden.
Beim Real-Time-ELISA befindet sich im Prinzip das ganze Labor innerhalb eines winzigen Geräts, das aus winzigen Mikroröhren und Ventilen besteht, die nicht breiter als ein menschliches Haar sind. Eine intravenöse Nadel leitet das Blut des Patienten in die winzigen Kreisläufe des Geräts, wo der ELISA immer wieder neu durchgeführt wird. Mit einer Hochgeschwindigkeitskamera kann der nun leuchtende Marker detektiert und seine Helligkeit zur Quantifizierung der Menge des Zielmoleküls in der Probe verwendet werden.
In ersten Experimenten konnten die Forscher so bereits die Glukose- und Insulinspiegel von Tieren überwachen. Der Real-Time-ELISA soll aber für viel mehr eingesetzt werden können, unter anderem die Überwachung von überschießenden Immunreaktionen oder von Medikamentenspiegeln im Blut.
„Das wäre natürlich überall dort ein wertvolles Tool, wo es um schnelles Feedback und konsequentes Monitoring geht, also v.a. in der Intensivmedizin“, kommentiert Dr. Oliver Overheu den Test. Er ist Assistenzarzt im Fachbereich Hämatologie und Onkologie am Universitätklinikum Bochum und war nicht an der Entwicklung des Tests beteiligt. „Die Möglichkeit etwa bei septischen Patienten live Entzündungsparameter und Zytokine oder Medikamentenspiegel, wie von Antibiotika, verfolgen zu können, würde es einem erlauben, frühzeitig auf jede Veränderung reagieren zu können bzw. die Therapie noch individueller an den einzelnen Patienten anzupassen.“
Grundsätzlich seien die möglichen Anwendungsgebiete eines solchen Tests beinahe grenzenlos, wenngleich sicherlich Verhältnismäßigkeit und Kosten seinen Einsatz auf sehr spezialisierte Bereiche, wie die Intensivmedizin, beschränken wird, so Overheu weiter. „So spannend es auch klingt, ist dieser Test doch noch weit entfernt von der klinischen Routine-Anwendung.“
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