„Wann werden denn die Kinder geimpft?“ Das ist in meiner Praxis die Frage der Fragen. Meine Antwort ist alles andere als das, was Eltern hören wollen.
Immer häufiger kommt in der Praxis jetzt die Frage, wann denn nun Kinder gegen COVID-19 geimpft werden können. Ich wage den Blick in die Glaskugel: Die ersten Kinder impfen wir erst zum Jahreswechsel 2021/2022. Ich weiß, dass das für die meisten keine befriedigende Aussage ist. Aber es ist das, was ich aus der bisher ziemlich dünnen Informationslage zu dem Thema schließen kann. Ja, Studien laufen, auch großangelegte internationale Studien, aber Ergebnisse können wir nicht vor Herbst dieses Jahres erwarten. Ich gehe davon aus, dass es dann (bei hoffentlich gutem Ergebnis) wie bisher zu einer schnellen Erweiterung der Impfzulassungen kommen wird. Aber es geht um Kinder: Naturgemäß braucht die EMA da ein wenig länger, die Auflagen sind strenger.
Sobald die Corona-Impfung für Hausärzte freigegeben wird – die ersten Probepraxen üben bereits – werden wir uns dazu melden. Kinder- und Jugendärzte sind kompetent beim Impfen, die Abläufe werden täglich über 30- bis 40-mal geübt, wir sind schnell vorbereitet. Zuerst werden wir die Corona-Impfung für die Eltern anbieten, deren Kinder zu Risikogruppen gehören, d. h. deren Kinder eigentlich priorisiert sind, aber aufgrund der Zulassung nicht impfbar sind.
Das sind vor allem Kinder mit Herzerkrankungen, Lungenerkrankungen, schweren Behinderungen, Trisomie usw. Bereits jetzt erhalten die betreuenden Eltern von uns Atteste, mit denen sie sich in den Impfzentren einen Termin als „Stufe 2“ bzw. „Stufe 3“ bevorzugt impfen lassen können.
Das Impfen in unserer Praxis ist einfacher. Wir kennen unsere kleinen Patienten, die Eltern müssen nur einen Termin machen, werden aufgeklärt, geimpft und erhalten die obligatorische Nachbeobachtung. Wie der Impfstoff (egal ob AstraZeneca, Biontech, Moderna oder J&J) allerdings in die Praxis kommt, steht bisher in den Sternen. Einfach ist das Verfahren mit den Vektorimpfstoffen, sie können normal gekühlt werden, das sollte kein Problem sein. Die Abrechnung wird vermutlich über die Krankenversichertenkarte erfolgen, oder – wie auch bei den Schnelltests – über eine Pseudoabrechnungsziffer.
Ich vermute, die nächste Stufe sind dann Jugendliche oder Kinder ab 12 Jahren, auch in der Vergangenheit gab es bereits Impfstoffe, die im späteren Kindesalter zugelassen wurden. Ganz anders sieht es dann bei Kindergartenkindern oder Säuglingen aus. Braucht es eine Impfung oder zwei Impfungen? Müssen die Dosen reduziert werden oder die Abstände verändert? Wir wissen es noch nicht. Manche Kinder- und Jugendärzte favorisieren eine Indikationsimpfung wie bei der Influenza-impfung. Schwere Corona-Verläufe bei sehr kleinen Kindern seien weiter eine Seltenheit.
Es bleibt zu hoffen, dass es keine Priorisierung mehr geben wird, wenn die Impfstoffe insgesamt für Kinder zugelassen werden – und dass dann auch ausreichend Impfstoffdosen zur Verfügung stehen. Wir können kaum den Eltern vermitteln, so lange auf die Zulassung für Kinder zu warten und dann noch einer Priorisierung zu folgen. Hier zählt letztendlich der Gedanke des Herdenschutzes, weil Kinder und Jugendliche nun einmal noch häufiger in Gruppen anzutreffen sind als Erwachsene. Diesem Gedanken folgt auch das Robert-Koch-Institut.
Natürlich gibt es auch in unserer Praxis Impfskeptiker. Heute hat mich eine Mutter gefragt, wann die Impfung für die Kinder komme. Ihr Kind möchte sie impfen, sich selbst aber nicht. Seltsame Gedankengänge. Vermutlich müssen wir in einem Jahr damit leben, dass es eine große Gruppe von Menschen gibt, die gegen COVID-19 geimpft sind, reisen dürfen (wie auch immer reglementiert, über einen digitalen Impfpass o. Ä.) und auf Rockkonzerte gehen und eine andere Gruppe, die die Impfung ablehnt, dann aber auf die Straße geht, um gegen diese Ungerechtigkeit zu demonstrieren, letztendlich aber vom langsam entstehenden Herdenschutz profitiert. Quarkdenken eben: Es war ja noch nie alles so schlimm, die Maßnahmen sind restlos diktatorisch und nun gehen die schon immer gefakten Zahlen eh weiter zurück. Warum also auch noch impfen?
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