Wer Kopfschmerzen und Fieber nach der Corona-Impfung vermeiden will, greift oft zu Antipyretika wie Paracetamol. Kann man machen – ist aber eine ziemlich schlechte Idee.
Berichte über starke Impfnebenwirkungen wie Kopfschmerzen und Fieber nach einer Corona-Impfung könnten einige Menschen dazu veranlassen, prophylaktisch eine Schmerztablette einzuwerfen. Das ist allerdings keine gute Idee, denn sie könnten die gewünschte Immunreaktion abschwächen.
Darauf machen jetzt Etminan et al. in einer Veröffentlichung aufmerksam. Das Problem ist schon bei anderen Impfungen bekannt, weswegen etwa die WHO oder das US-amerikanische CDC empfehlen, keine Antipyretika wie Ibuprofen oder Paracetamol vor oder unmittelbar nach einer Impfung einzunehmen.
Etminan et al. verweisen auf zwei Studien an geimpften Kindern, die 2009 in The Lancet erschienen sind. Darin wollten die Wissenschaftler herausfinden, wie die prophylaktische Paracetamolgabe die Fieberreaktion nach der Impfung und gleichzeitig die Immunantwort beeinflusst.
An den kontrolliert randomisierten Studien nahmen insgesamt 459 gesunde Kinder teil. Sie erhielten eine Grundimmunisierung, u. a. gegen Pneumokokken, Tetanus und Polio, sowie Auffrischungsimpfungen. Die Hälfte der Kinder (n = 226) bekam unmittelbar nach der Impfung und innerhalb der ersten 24 Stunden alle sechs bis acht Stunden eine prophylaktische Paracetamolgabe per Zäpfchen. Die Kontrollgruppe (n = 233) erhielt keine Schmerzmittel.
Durch die prophylaktische Paracetamolgabe reduzierte sich bei den Impfungen die Zahl der Kinder deutlich, die Fieber über 38 Grad oder höher entwickelten: 42 % vs. 66 % in der Kontrollgruppe bei der Erstimpfung und 36 % vs. 58 % bei der Booster-Impfung.
Mit der Paracetamolgabe ging auch eine verminderte Antikörperbildung als Reaktion auf die Impfung einher. Die Antikörpertiter waren in der Paracetamolgruppe signifikant geringer als in der Kontrollgruppe. Die Antikörperbildung gegen Pneumokokken, Hämophilus influenza, Diphterie, Tetanus und Keuchhusten fiel nach der ersten Impfung in der Paracetamolgruppe geringer aus als in der Vergleichsgruppe. Nach den Auffrischimpfungen war in der Paracetamolgruppe der Schutz gegen Tetanus und Pneumokokken verringert.
„Immunologisch gesehen scheint das logisch“, sagt Prof. Anke Huckriede, Professorin für Vakzinologie am Institut für Medizinische Mikrobiologie der Universität Groningen. „Die Impfnebenwirkungen sind eine Folge der (gewünschten) Aktivierung des angeborenen Abwehrsystems.“ Diese Aktivierung könne man durch zu frühe Einnahme von Schmerzmitteln unterbinden, wodurch auch die gewünschte Wirkung ausbleibt, so Huckriede. „Wenn das angeborene Abwehrsystem seine Arbeit getan hat – nämlich bei der Aktivierung des spezifischen Abwehrsystems zu helfen – dann kann man die unangenehmen Randerscheinungen symptomatisch behandeln, ohne dass dies noch Effekte auf die Aktivierung der spezifischen Immunantwort hat.“
Dies könnte schon nach etwa 6 Stunden der Fall sein. In einer Studie an erwachsenen Impflingen kamen die Autoren zu dem Ergebnis, dass die Einnahme von Paracetamol 6 Stunden nach einer Hepatitis-B-Impfung keinen Einfluss auf die Immunantwort hatte. Eine Gabe unmittelbar nach der Impfung senkte sie hingegen ab.
Der genaue Mechanismus dahinter ist noch nicht vollständig geklärt. Vermutlich beeinflussen Antipyretika bestimmte inflammatorische Signale, die bei der Interaktion zwischen dendritischen Zellen sowie B- und T-Zellen erforderlich sind. Diese Annahme wird dadurch gestärkt, dass Paracetamol nur dann die Immunantwort beeinträchtigt, wenn es bei oder kurz nach der Impfung gegeben wird. Bei therapeutischer Gabe, also einige Stunden danach, hat es keinen Effekt auf die Immunantwort.
Wie der Fall bei Corona-Impfungen ist, wurde bisher noch nicht untersucht. Etminan et al. fordern, die Daten der Impfstoffstudien dahingehend zu überprüfen. Immerhin sei etwa bei AstraZeneca prophylaktisch Paracetamol zum Einsatz gekommen, was die Immunantwort den Angaben zufolge nicht beeinträchtigt habe. Allerdings seien auch dazu auch keine Daten zur Überprüfung bereitgestellt worden. Etminan et al. schreiben weiter, dass in der Moderna-Studie keine Daten zum Einsatz von Antipyretika angegeben wurden. Bei Pfizer/Biontech wurde nur erwähnt, dass der Einsatz von Antipyretika mit zunehmender Impfdosierung und Dosisanzahl zunahm. Doch auch hier fehlen Daten zur Immunogenität.
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