Betablocker werden immer wieder mit psychiatrischen Nebenwirkungen in Verbindung gebracht. Die Datenlage dazu war bisher schwammig. Jetzt gibt es Klarheit.
Inhibitoren der Beta-Adrenorezeptoren – kurz: Betablocker – wie Metoprolol oder Propranolol gehören zu den am häufigsten verschriebenen Medikamenten für die Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Sie bewirken eine Absenkung der Herzfrequenz und des Blutdrucks und werden daher bei Herzschwäche, Herzrhythmusstörungen und Bluthochdruck eingesetzt.
Ein Zusammenhang von Betablockern und einem erhöhten Risiko für Depressionen, aber auch anderen Nebenwirkungen wie Angstzuständen, Schlafstörungen und Halluzinationen, ist wiederholt hergestellt, aber bisher nicht systematisch untersucht worden.
„Wir haben keinen Hinweis auf einen Zusammenhang zwischen dem Gebrauch von Betablockern und Depressionen gefunden. Gleiches gilt für die meisten anderen psychischen Symptome, die in den Studien beschrieben wurden, auf die sich unsere Analysen stützen“, sagt Prof. Reinhold Kreutz, Direktor des Instituts für Klinische Pharmakologie und Toxikologie der Charité, über die Meta-Analyse seines Forschungsteams. Die Arbeit hat als erste ihrer Art das gesamte Spektrum psychiatrischer Nebenwirkungen untersucht. „Bei einigen Patientinnen und Patienten traten jedoch während einer Betablocker-Therapie schlafbezogene Symptome auf.“
Die Forschenden bezogen die Daten von mehr als 53.000 Personen aus 285 Einzelstudien zu 24 verschiedenen Betablockern ein. Ausschließlich doppelblinde, randomisierte und kontrollierte Studien wurden berücksichtigt, ein Großteil davon solche zu Bluthochdruck, die vor mehr als 20 Jahren durchgeführt worden waren.
Obwohl es sich um die am häufigsten gemeldete psychiatrische Nebenwirkung handelt, trat eine Depression während der Behandlung mit Betablockern nicht häufiger auf als während einer Placebo-Behandlung. Kreutz, derzeitiger Präsident der European Society of Hypertension, erklärt: „Patientinnen und Patienten mit kardiovaskulären Problemen in der Vorgeschichte, wie Herzinfarkt oder Schlaganfall, neigten dazu, psychische Komplikationen zu entwickeln. Obwohl wir festgestellt haben, dass Betablocker nicht ursächlich damit verbunden sind, sollten diese Menschen daher ärztlich überwacht werden.“
Auch setzten Patienten, die mit Betablockern behandelt wurden, ihre Medikamente nicht häufiger aufgrund von Depression ab als bei anderen Behandlungen. Erschöpfung und Müdigkeit waren hingegen der häufigste Grund für das Absetzen. Unter den anderen untersuchten Nebenwirkungen – wie Angst sowie Störungen von Appetit, Gedächtnis oder Libido – standen lediglich Schlafstörungen und ungewöhnliche Träume im Zusammenhang mit der Betablocker-Behandlung.
„Unsere Ergebnisse zeigen, dass Bedenken hinsichtlich unerwünschter psychischer Auswirkungen, insbesondere Depressionen, die Entscheidung über Betablocker nicht beeinflussen sollten. Betablocker sind in Bezug auf die psychische Gesundheit größtenteils sicher“, resümiert Kreutz. Ihre Verwendung in der klinischen Praxis sollte demnach nicht beeinträchtigt werden.
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung der Charité Universitätsmedizin Berlin. Die Studie haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Ishika Dewkali, unsplash