Ab heute darf wieder mit dem AstraZeneca-Vakzin geimpft werden. Ärzte sollen aufmerksam bleiben und Impflinge aufklären. Über die Ursachen der Thrombosen wird derweil spekuliert.
Anfang der Woche setzte Deutschland, neben weiteren europäischen Ländern, die Impfungen mit dem AstraZeneca-Impfstoff vorsorglich aus. Die Bundesregierung folgte damit einer Empfehlung des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI), da es zu einer gehäuften Meldung von Sinusvenenthrombosen kam, die in zeitlichem Zusammenhang mit der Impfung standen.
Viele Mediziner waren fassungslos. WHO und EMA gaben zu Protokoll, dass weitergeimpft werden solle – spätestens am Donnerstag plante die EMA, eine neue Bewertung bekanntzugeben. Gestern (Donnerstag) Abend dann die Ankündigung der Bundesregierung: Ab heute (Freitag) sollten die Impfungen mit dem AstraZeneca-Impfstoff fortgesetzt werden. Das für Impfstoffe zuständige PEI trage diesen Schritt mit.
Ärztinnen und Ärzte sollten auf Anzeichen einer Hirnvenenthrombose achten. Geimpfte sollten sich sofort an einen Arzt wenden, wenn sie vier bis 16 Tage nach einer Impfung Symptome wie Kurzatmigkeit, Unterleibsschmerzen oder Schwellungen in Armen oder Beinen entwickeln. Auch bei starken oder anhaltenden Kopfschmerzen oder punktförmigen Hautblutungen sollen Betroffene sofort ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen.
Forscher der Universitätsmedizin Greifswald wollen mittlerweile die Ursache für die Hirnthrombosen nach einer AstraZeneca-Impfung gefunden haben, so berichtet es der NDR. Demnach aktiviere das Vakzin, bzw. die Immunantwort auf dieses, bei einigen Menschen die Thrombozyten und verursache so die Bildung von Blutgerinnseln im Gehirn. Der Mechanismus sei „klar identifiziert worden“. Die Greifswalder Wissenschaftler hatten Blutproben von Betroffenen untersucht und haben gemeinsam mit europäischen Wissenschaftlern und dem PEI bereits eine Therapie für betroffene Geimpfte entwickelt. Die Studienergebnisse sollen in The Lancet veröffentlicht werden.
Die EMA gab am Donnerstagabend bekannt, dass sie den Impfstoff von Astra Zeneca weiterhin für „sicher und wirksam“ hält. Die Vorteile einer Impfung mit Astra Zeneca seien weit größer als die Nachteile. Das Experten-Komitee für Arzneimittelsicherheit der EMA (kurz PRAC) habe keine Hinweise auf eine Häufung von Thrombosen nach der Impfung mit dem Vakzin gefunden. Die Zahl der Thrombosen allgemein sei nach der Impfung sogar geringer gewesen als angenommen, so teilte es PRAC-Vorsitzende Sabine Straus mit.
Ein Zusammenhang mit den in Deutschland in sehr seltenen Fällen beobachteten Hirnvenenthrombosen und einem Abfall von Blutplättchen könne jedoch nicht ausgeschlossen werden. „Es ist nicht mit Sicherheit zu sagen, ob diese von dem Impfstoff kommen oder nicht“, so Straus. Der Zusammenhang werde nun engmaschig weiter untersucht. Ab sofort soll deswegen eine Warnung auf dem Beipackzettel des AstraZeneca-Impfstoffs stehen. Bundesgesundheitsminister Spahn teilte mit, dass bereits an einer neuen Version der Beipackzettel gearbeitet würde. Bis diese umgesetzt sei, sollen Ärzte die Aufklärungsbögen handschriftlich anpassen.
In Großbritannien wurden bei elf Millionen Impfungen nur drei Fälle solcher Thrombosen gemeldet. Dass es in Deutschland zu einer solchen Häufung kam, mag daran liegen, dass hierzulande besonders medizinisches Personal, Personal aus sozialen Einrichtungen und Lehrer mit dem AstraZeneca-Vakzin geimpft wurden. Zu diesen Gruppen gehören besonders Frauen mittleren Alters, die gleichzeitig auch am häufigsten von Sinusvenenthrombosen betroffen sind. Dass die Zahl der Hirnvenenthrombosen in manchen Ländern deshalb so hoch wirke, weil besondere Bevölkerungsgruppen geimpft wurden, hält auch die EMA für möglich. Sie will darauf den Fokus weiterer Untersuchungen legen.
Eine Anpassung der Impfempfehlung an verschiedene Bevölkerungsgruppen zum Beispiel nach Alter und Geschlecht werde es erstmal nicht geben, so erklärte es Thomas Mertens, Vorsitzender der STIKO der Süddeutschen Zeitung. Hierfür sei die Datenlage noch zu unklar.
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