Der Impfstoffhersteller AstraZeneca muss sich einmal mehr harter Kritik bezüglich seiner veröffentlichten Wirksamkeitsdaten stellen. Was passiert ist, lest ihr hier.
„Ich bin selten sprachlos. Diese Wendung der Ereignisse hat mich sprachlos gemacht. Was für ein Debakel“, kommentiert die STAT+ Journalistin Helen Branswell gestern einen Artikel ihres Kollegen auf Twitter.
In dem Artikel wird thematisiert, dass die Interimsdaten der US-amerikanischen Phase-III-Zulassungsstudie zum AstraZeneca-Impfstoff veraltet waren. Rausgekommen war das, weil das unabhängige Data Safety & Monitoring Board (DSMB) der Studie Bedenken hinsichtlich der von AstraZeneca genannten höheren Effektivität hatte. Die Daten – mit einer überraschend hohen Gesamteffektivität von 79 % – hatte das Pharmaunternehmen zuvor per Pressemeldung veröffentlicht.
Das DSMB wandte sich mit seinen Bedenken an das US-amerikanische National Institute of Allergy and Infectious Diseases (NIAID), das die Sache öffentlich machte. Es schrieb: „Wir fordern das Unternehmen dringend auf, mit dem DSMB zusammenzuarbeiten, um die Wirksamkeitsdaten zu überprüfen und sicherzustellen, dass die genauesten und aktuellsten Daten so schnell wie möglich veröffentlicht werden.“ Dass Sponsor und DSMB einer Studie derart und öffentlich widersprechen, ist in der klinischen Forschung extrem ungewöhnlich.
Die Ergebnisse, die am Montag von AstraZeneca veröffentlicht wurden, stammten aus einer Zwischenanalyse der US-Studie mit 32.000 Probanden. Die Daten wurden dafür offenbar bis zum 17. Februar erfasst (DocCheck berichtete). In einer durch die DSMB-Intervention nötig gewordenen Erklärung am Dienstag sagte das Unternehmen erst, die Daten würden vom DSMB bewertet, und dann: „Wir haben die vorläufige Bewertung der primären Analyse überprüft und die Ergebnisse waren in Übereinstimmung mit unseren Daten. Wir sind nun dabei, die Validierung der statistischen Auswertung abzuschließen.“
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Branswell schreibt in ihrem Tweet weiter: „Die Washington Postbekam oder sah eine Kopie des Briefes [des DSMB an das NIAID, Anm. der Red.]. Es ist klar, dass das DSMB AstraZeneca sagte, dass die Schätzungen über die Wirksamkeit des Impfstoffs, die sie verwenden sollten, zwischen 69 % und 74 % lagen. Das Unternehmen verwendete Daten aus einer Zwischenanalyse, die auf 79 % hinwiesen, erwähnte die neueren Daten also nicht.“
In Screenshots zeigt Branswell Ausschnitte aus dem Artikel der Washington Post. „Dieses Zitat aus dem Artikel ist ein Killer: Die Veröffentlichung der 79 % Wirksamkeit – obwohl man wusste, dass sie veraltet war – war so, als würde man seiner Mutter erzählen, dass man eine Eins in einem Schulfach bekommen hätte, obwohl man in Wirklichkeit eine Eins in einem Test hatte, aber insgesamt eine Drei. AUTSCH!“
Bildquelle: Dessy Dimcheva, unsplash