In hiesigen Haushalten leben rund 12 Millionen Katzen, 7 Millionen Hunde und 6 Millionen Kleintiere – mit gesundheitlichen Folgen für die Halter. Forscher fordern nicht nur mehr Hygiene, sie zeigen auch: Bei der Sanierung von MRSA-Patienten spielen Vierbeiner eine große Rolle.
Von der Wiege bis zur Bahre: Haustiere unterstützen Patienten in vielerlei Hinsicht ein Leben lang. „Als gesundheitsfördernd gelten eine höhere Lebenszufriedenheit durch das Gefühl des Gebrauchtwerdens, Stressabbau durch Tierkontakt und Beobachtung, vermehrte körperliche Bewegung und mehr Sozialkontakte“, schreiben Forscher am Robert-Koch-Institut (RKI). „Bei älteren und chronisch kranken Menschen verbessert sich nachgewiesenermaßen dadurch nicht selten der subjektive Gesundheitszustand, was auch zur Folge hat, dass Ärztinnen und Ärzte weniger häufig aufgesucht werden und der Medikamentenverbrauch geringer ist.“ Damit nicht genug: Wer schon früh mit Tieren im Stall Kontakt hat, aber auch Rohmilch konsumiert, entwickelt seltener Asthma und Allergien, berichtet Erika von Mutius, München. Bei Kleinkindern, die mit einem Hund im Haus leben, vermuten Wissenschaftler ähnliche Effekte. Und in Hospizen oder Palliativstationen setzen Ärzte bereits seit Jahren tierische Therapeuten ein. Einer Umfrage zufolge bieten drei von vier Häuser gezielt Kontakte zu Tieren an. Die überwiegende Mehrheit lässt auch eigene Tiere zu. Bei aller Euphorie sind auch kritische Aspekte relevant.
Haustiere übertragen verschiedene Krankheitserreger auf Menschen. Besonders gefährdet sind Kinder, ältere Menschen, Schwangere und Patienten mit geschwächtem Immunsystem. Jason Stull, Forscher an der Ohio State University, USA, warnt jetzt vor diversen Gefahren. Hunde und Katzen übertragen beispielsweise Campylobacter jejuni, einen Durchfallerreger. Katzen haben mitunter Bartonella henselae oder Bartellona clarridgeiae im Körper. Bei immunsupprimierten Patienten führen die Keime zur bazillären Angiomatose beziehungsweise zur Peliosis hepatis. Toxoplasma gondii ist speziell für ungeborene Kinder gefährlich. Junge Katzen, vor allem Freigänger, scheiden Oozysten des Parasiten in größerer Menge aus. Diese reifen nach 48 bis 72 Stunden zu infektiösen Toxoplasmen heran. Im Maul von Hunden oder Katzen fanden Mikrobiologen auch Pasteurella multocida sowie Capnocytophaga canimorsus. Sie werden durch intensiven Speichelkontakt und durch Bisse übertragen. Die Folge: vielfältige Entzündungen. Hundespulwürmer (Toxocara) gelangen bei Kindern schnell in den Körper. Dort führen sie zu unspezifischen gastrointestinalen beziehungsweise grippeähnlichen Symptomen. Mehrere Studien haben gezeigt, dass Hunde und Katzen aus Tierheimen häufiger Bakterien, Würmer oder Einzeller in sich tragen als Tiere, die von renommierten Züchtern kommen.
Reptilien beziehungsweise Amphibien gelten als Überträger von Salmonellen – Terrarienbewohner sind für schätzungsweise elf Prozent aller sporadischen Infektionen bei Patienten unter 21 Jahren verantwortlich. Stull schätzt, allein in den USA gingen 74.000 Infektionen auf das Konto dieser Tiere. Was steckt dahinter? Viele Tierhalter befolgen banal anmutende Hygieneregeln nicht. Wichtig sei, schreibt Jason Stull, sich nach jedem Tierkontakt die Hände zu waschen. Auch das Futter ist als kritisch einzustufen. Beim Reinigen von Katzentoiletten oder Aquarien bieten sich Einmalhandschuhe an. Und nach schweren Erkrankungen wie Krebs sollte mit der Anschaffung von Tieren lieber ein paar Monate gewartet werden.
Michael David, Atlanta, sieht bei Haustieren noch ganz andere Gefahren. Weltweit nimmt die Zahl an Infektionen durch Methicillin-resistente Staphylococcus aureus-Kolonien (MRSA) zu. Nicht immer erwischt es Patienten im Krankenhaus. MRSA außerhalb von Kliniken oder Pflegeheimen (CA-MRSA, Community-Acquired MRSA) gewinnen zunehmend an Relevanz. In den Staaten steht der Klon USA300 an erster Stelle. Doch welche Reservoire wurden von Ärzten bislang übersehen? Dazu eine ältere Erkenntnis: Erkranken Menschen an CA-MRSA, lassen sich auf der Haut ihrer Mitbewohner resistente Erreger in jedem zweiten Fall nachweisen. Für seine aktuelle Studie entnahm David zusammen mit Kollegen Proben aus 21 Haushalten mit bekanntem Krankheitsgeschehen. Aus den Isolaten wurden 146 USA300 MRSA im Labor komplett sequenziert. Resistente Keime, die innerhalb eines Haushalts auftraten, waren – wenig überraschend – genetisch eng miteinander verwand. Sie kamen jedoch nicht wie ursprünglich angenommen mit der erkrankten Person an den Ort des Geschehens. Berechnungen zufolge waren die MRSA bereits zwei bis acht Jahre vor einem Ausbruch zugegen. David vermutet, dass Haustiere MRSA übertragen, wobei hier noch zusätzliche Studien erforderlich sind. Um Patienten erfolgreich zu sanieren, müsste das ganze Umfeld mit einbezogen werden, inklusive vierbeinigen Mitbewohnern.