Sich mit anderen eine Limo-Flasche zu teilen, ist großzügig, in Zeiten von Corona aber eine Schnapsidee. Es besteht das Risiko einer oralen Infektion. Wie Bilder zeigen, infiziert SARS-CoV-2 die Speicheldrüsen und die Gingiva.
Die Mundhöhle ist ein wichtiger Schauplatz für SARS-CoV-2-Infektionen und Speichel ein potenzieller Übertragungsweg des Virus. Corona-Forscher haben sich deshalb genauer angesehen, wie viel gefährliches Potenzial in unserer Spucke steckt.
In Verbindung mit der Mundhöhle sind bereits einige Corona-Symptome bekannt wie etwa Geschmacks- und Riechverlust, ein trockener Mund oder Läsionen in der Schleimhaut. Bekannt ist auch, dass der Speichel von Infizierten große Mengen an SARS-CoV-2 enthalten kann. Was Wissenschaftler jedoch nicht genau wissen, ist, woher das Virus im Speichel eigentlich kommt. Das könnte eine wichtige Rolle bei der Übertragung des Virus spielen.
Bei symptomatischen COVID-19-Patienten lässt sich das so erklären: Möglicherweise stammt das Virus im Speichel zum Teil aus dem Nasenausfluss oder dem aus der Lunge hochgehusteten Sputum. Doch wie ist das bei Menschen, die keine respiratorischen Symptome zeigen und bei denen sich das Virus dennoch im Speichel nachweisen lässt?
Diese Wissenslücke schließt nun eine Studie, die in Nature veröffentlicht wurde. Darin untersuchten Huang et al., ob das menschliche Mundgewebe anfällig für eine SARS-CoV-2-Infektion sein könnte. Anfällige Zellen enthalten ACE2-Rezeptoren und das Enzym TMPRSS2, mit denen das Virus in Zellen gelangt.
Diese relevanten Faktoren konnten die Wissenschaftler im biopsierten Mundgewebe von 5 gesunden Probanden nachweisen: In einem Teil der Speicheldrüsen- und Gingivazellen wurde RNA sowohl für ACE2 als auch für TMPRSS2 in denselben Zellen exprimiert (siehe Bilder im Tweet). Dies deutet auf eine erhöhte Anfälligkeit hin, da man annimmt, dass das Virus beide Eintrittsproteine benötigt, um Zugang zu den Zellen zu erhalten.
Bei COVID-19-Patienten stellten die Wissenschaftler mithilfe von RNA- und Protein-Expressionsanalysen anschließend fest, dass SARS-CoV-2 tatsächlich auch die Zellen der Speicheldrüsen und Schleimhäuten infizieren kann. Als nächstes untersuchten sie, ob diese Gewebe auch eine Quelle für das Virus im Speichel sein könnten.
Dies schien der Fall zu sein: Mundgewebszellen, die von Menschen mit mildem oder asymptomatischem COVID-19 in den Speichel ausgeschieden wurden, enthielten sowohl SARS-CoV-2-RNA als auch RNA für die Eintrittsproteine. Der Speichel von asymptomatischen Infizierten scheint auch potentiell infektiös zu sein. Zumindest konnten in vitro gesunde Zellen durch den Speichel infiziert werden.
Zum Schluss untersuchten die Wissenschaftler auch noch, ob es einen Zusammenhang zwischen oralen COVID-Symptomen und dem Vorhandensein des Virus im Speichel gibt. Dazu sammelte das Team Speichel von 35 Freiwilligen aus dem Gesundheitsdienst mit leichtem oder asymptomatischen COVID-19. Von den 27 Personen, die Symptome aufwiesen, berichteten diejenigen mit Virus im Speichel häufiger über Geschmacks- und Geruchsverluste. Das deutet darauf hin, dass eine orale SARS-CoV-2-Infektion den oralen Symptomen von COVID-19 zu Grunde liegen könnte.
Weitere Untersuchungen sind zwar erforderlich, um die Ergebnisse in einer größeren Gruppe von Menschen zu bestätigen. Doch zusammengenommen, so die Forscher, deuten die Ergebnisse der Studie darauf hin, dass der Mund – über infizierte orale Zellen – eine größere Rolle bei der SARS-CoV-2-Infektion spielen könnte als bisher angenommen.
Bildquelle: János Rombauer, Public domain, via Wikimedia Commons